Erbrecht
16.08.2019 / jba
Letzte Änderungen 28.11.2023 /cst
- Überarbeitung Stichwort aufgrund neuer Gesetzgebung per 01.01.2023
- Gesetzliche Grundlagen, Links und Quellen angepasst
Zusammenfassung
In diesem Stichwort wird das gesetzliche Erbrecht behandelt. Es gibt einen Überblick über die gesetzliche Erbfolge sowie deren Pflichtteile nach neuem (und altem) Erbrecht. Die Güterstände in der Ehe werden aus erbrechtlicher Sicht betrachtet, nähere Erläuterungen dazu finden sich im Stichwort: Ehe- / Erbvertrag und Scheidung. Das Stichwort beantwortet Fragen rund um die Erbengemeinschaft und zur Erbteilung. Die Bildung des Nachlassvermögens unter Einbezug von Darlehen, Erbvorbezug und Schenkung werden erklärt. Bei komplexeren Fragestellungen soll an juristische Fachpersonen verwiesen werden. Eng mit dem Erbrecht verknüpft sind die Stichworte: Konkubinat, Ehe- / Erbvertrag, Testament und Todesfall.
1. Grundsätze und gesetzliche Grundlagen
Das Erbrecht ist im Zivilgesetzbuch (ZGB), Dritter Teil, ab Art. 457 geregelt. Dieses enthält Bestimmungen über die gesetzliche Erbfolge, das Testament und den Erbvertrag sowie den Erwerb, die Ausschlagung und die Teilung einer Erbschaft. Ab Art. 537 wird der eigentliche Erbgang beschrieben. Die Änderungen vom 1.1.2023 sind noch nicht im ZGB eingearbeitet und als Gesetzesänderung vom 18. Dezember 2020 separat abrufbar (s. Rechtliche Grundlagen: Schweiz. Zivilgesetzbuch Erbrecht, Änderung vom 18. Dezember 2020). Da die Änderungen des Erbrechts vor allem relevant sind zur Abänderung des Erbrechts, sind sie vor allem für die Stichworte Testament und Vorsorgedokumente wichtig.
2. Erbrechtliche Abfolge
Um die Erbquoten und Pflichtteile nach neuem Erbrecht zu eruieren, kann der Erbrechner von Pro Senectute Schweiz (s. Links: Testament-Rechner) genutzt werden.
Das Erbrecht kennt die gesetzliche Erbfolge aufgrund gesetzlicher Regelung (Art. 457 ff. ZGB) oder die gewillkürte Erbfolge, bestimmt durch den Willen des Erblassers mittels letztwilliger Verfügungen (s. Stichwort: Testament und Ehe- / Erbvertrag). Erbberechtigte haben untereinander dieselben Rechte und Pflichten. Solange das Erbe nicht verteilt ist, handelt es sich um eine Erbengemeinschaft (siehe Kap. 4) und die Erbberechtigten können nur gemeinsam über den Nachlass verfügen.
Die einzelnen Erbberechtigten müssen den anderen Erben über ihre Vermögensbezüge oder Schulden gegenüber dem/der Erblasser/in Auskunft erteilen. Diese Vermögensverhältnisse fliessen in die Erbverteilung ein. Sind einzelne Erben unsicher, können Sicherungsmassnahmen verlangt werden. Jeder Erbe erhält einen Erbschein, der ihn als Erben auszeichnet. Bis die Erbteilung abgeschlossen ist, haben die Erbinnen/Erben folgende Rechte und Pflichten:
Erbinnen/Erben können |
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Erbinnen/Erben müssen |
|
Der Nachlass ist zu versteuern, entweder in der Erbengemeinschaft (s. Kap. 4.6) oder später mit der Erbschaftssteuer.
Liegt keine letztwillige Verfügung vor, bestimmt sich die Erbfolge nach Gesetz, d.h. der Nachlass wird unter den gesetzlichen Erbinnen/Erben (Parentelsystem) gemäss den gesetzlichen Erbteilen verteilt:
Mit vier Grundregeln lassen sich verzwickte Erbverhältnisse entwirren:
Grundregel 1:
Der nähere Stamm (Parentel) schliesst sämtliche entfernteren Parentelen vom Erbrecht aus.
Grundregel 2:
Innerhalb einer Parentel kommt jeweils nur die erste Generation (1. Parentel: Kinder, 2. Parentel: Eltern, 3. Parentel: Grosseltern) zum Zug (Ausnahme siehe Grundregel 3).
Grundregel 3:
Ist ein Nachkomme vorverstorben, treten dessen Nachkommen an seine Stelle (1. Parentel: Kinder des verstorbenen Kindes = Enkel/innen, 2. Parentel: Kinder der Eltern=Brüder und Schwestern, 3. Parentel: Kinder der Grosseltern = Onkel/Tanten resp. deren Nachkommen).
Grundregel 4:
Hinterlässt ein/e Erblasser/in keine Nachkommen, fällt die Erbschaft an die Vater- und die Mutterseite, je zur Hälfte.
Als Nachkommen und demzufolge im 1. Parentel zählen eigene Kinder, aussereheliche Kinder und Adoptivkinder gemäss Art. 457 ZGB. Es spielt keine Rolle, ob die Ehe der Eltern noch besteht oder nicht, relevant ist die sogenannte Blutslinie.
In einer bestehenden Ehe erbt der/die Ehepartner/in immer. Allerdings hängt ihr Erbanteil davon ab, mit welcher Parentel (Nachkommen, Eltern) sie noch zu teilen hat. Möchte man den Ehegatten bestmöglich begünstigen, gibt es mehrere Möglichkeiten mit letztwilligen Verfügungen (s. Stichwort: Ehe- / Erbvertrag). Um den gesetzlichen Erbteil sowie die frei verfügbare Quote in der persönlichen und individuellen Situation eruieren zu können, steht auf den Internetseiten von Pro Senectute Schweiz und Beobachter Guider ein Rechner zur Verfügung (s. Links: Erbrechner Beobachter und Testament-Rechner Pro Senectute).
Geschiedene Ehepartner haben untereinander keinen gesetzlichen Anspruch auf den Nachlass. Gemäss Art. 472 ZGB verliert in einem hängigen Scheidungsverfahren der überlebende Ehegatte seinen Pflichtteilsanspruch, wenn das Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren eingereicht wurde. Der Pflichtteil geht auch verloren, wenn die Scheidungsklage 2 Jahre vor dem Tod des Ehegatten eingereicht wurde. Läuft eine Scheidungsklage und der/die Partner verstirbt innerhalb der zwei Jahre, besteht noch ein Pflichtteilsschutz. Der Pflichtteilsanspruch kann während des Scheidungsverfahrens mit letztwilliger Verfügung entzogen werden (s. Quellen: Erbrechtsreform per 1.1.2023, AWB)
Pflichtteile sind geschützte Mindestanteile des Nachlassvermögens, die gewissen gesetzlich vorgeschriebenen Erben/Erbinnen zustehen. Der/Die Erblasser/in kann mit einem Testament nur über den Teil des Erbes verfügen (s. Kap. 2.6), der nicht pflichtteilgeschützt ist. Pflichtteil geschützt sind Ehegatte/Ehegattin und Nachkommen. Der Pflichtteilsschutz für Eltern wurde per 01.01.2023 abgeschafft. Zudem wurde der Pflichtteilsschutz für Nachkommen reduziert. Dadurch hat sich die frei verfügbare Quote erhöht. Der Pflichtteil für den/die Ehepartner/in bleibt gleich bei 50% dessen, was ihnen gemäss gesetzlicher Erbfolge zusteht. Der Pflichtteil für Nachkommen beträgt ebenfalls 50% des gesetzlichen Erbanteils. Sofern kein Testament oder keine Nachlassregelung besteht, ändert sich nichts in der Erbverteilung. Dann bleiben die gesetzlichen Erbteile unverändert.
Nach bisherigem (altem) Erbrecht waren die Nachkommen mit 75% und derjenige der Eltern mit 50% des gesetzlichen Erbteils geschützt. Gemäss obiger Tabelle beträgt nach neuem Erbrecht der Pflichtteilsschutz für Nachkommen 50% (Bild unten links), für Ehegatten ebenfalls 50% (Bild oben rechts) und für Geschwister 0% (Bild unten rechts). Besitzt der/die Erblasser/in Ehegatte und Nachkomme, beträgt der Pflichtteilsschutz je 25% (s. Bild oben links). Mit dem neuen Erbrecht sinken die Pflichtteile und dadurch wird die verfügbare freie Quote höher. Bestehende letztwillige Verfügungen bleiben weiterhin gültig, allerdings können einige Formulierungen zu Unklarheiten führen (s. Quellen: Neues Erbrecht, Vermögenszentrum). Jede bisher erstellte letztwillige Verfügung sollte auf seine Anwendbarkeit nach neuem oder altem Erbrecht überprüft und bei Bedarf angepasst werden (s. Stichwort: Testament).
Hat der/die Erblasser/in im Testament Pflichtteile verletzt, können die betroffenen Erben/Erbinnen den Pflichtteil einfordern (s. Stichwort: Testament). Bevor ein Pflichtteil berechnet werden kann, muss bekannt sein, wie viel der gesetzliche Erbanspruch beträgt. Dazu muss zuerst der Umfang des Nachlasses bestimmt werden (s. Kap. 5).
Als verfügbare oder freie Quote wird jener Teil des Vermögens bezeichnet, der nicht unter dem Pflichtteilsschutz steht. Über den Anteil, der den Pflichtteil übersteigt, kann der/die Erblasser/in frei verfügen. Dies allerdings nur, wenn er/sie eine entsprechende letztwillige Verfügung erstellt (s. Stichwort: Testament).
Weder für Eltern noch für Geschwister besteht ein Pflichtteilsschutz. Somit kann in diesem Beispiel der gesamte Nachlass als freie Quote mit einer letztwilligen Verfügung zugewiesen werden. Wer keine Erben hat, die unter den Pflichtteilsschutz fallen, kann mittels letztwilliger Verfügung über sein ganzes Vermögen verfügen.
Hinterlässt ein/e Erblasser/in keine gesetzlichen Erben, also weder Verwandte der ersten, zweiten oder dritten Parentel noch eine Ehegattin/einen Ehegatten oder eine eingetragene Partnerin/einen eingetragenen Partner, so fällt der Nachlass im Kanton Bern ans Gemeinwesen. Erbnehmerin ist in diesem Fall hälftig die Wohnsitzgemeinde und hälftig der Kanton, in dem der/die Erblasser/in seinen/ihren letzten Wohnsitz hatte. Die/der Erblasser/in kann dies verhindern, indem er in einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) über seinen Nachlass verfügt. Es kommt selten vor, dass keine gesetzlichen Erben/Erbinnen vorhanden sind.
3. Ehepaare und Güterstände
Ist der/die Erblasser/in verheiratet, ist eine güterrechtliche Auseinandersetzung vor der Festlegung der Erbmasse notwendig. Es gibt den ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung sowie die vertraglichen Güterstände der Gütertrennung oder der Gütergemeinschaft. Die Güterstände und deren Auswirkungen sowie Auftrennungen sind ausführlich unter den Stichworten: Ehe- / Erbvertrag und Scheidung der Ehegatten aufgeführt.
Ist die güterrechtliche Auseinandersetzung abgeschlossen, folgt die erbrechtliche Aufteilung. Manchmal benötigt die güterrechtliche Auseinandersetzung oder die Festlegung einer Nachlassmasse einige Zeit oder die Erben sind sich nicht einig. Bis zur erfolgten Erbteilung zählen die Erben als Erbengemeinschaft.
Bei Festlegung des Nachlasses wird zuerst geschaut, was das Eigengut des Mannes und das Eigengut der Frau bildet. Als Eigengut zählt, was jede Person in die Ehe mitgebracht hat an Vermögenswerten sowie die persönlichen Gegenstände. Als Eigengut zählen auch Erbschaften, Schenkungen und Genugtuungen, die während der Ehe erlangt worden sind.
In einem zweiten Schritt wird die Errungenschaft betrachtet, das sind die während der Ehe erwirtschafteten und erworbenen Vermögenswerte. Darunter zu verstehen sind sämtliche Erwerbseinkommen oder übrige Einkommen, Renten, Kapitalbezüge und Erträge aus Vermögenswerten.
Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist bei verheirateten Paaren ohne vertragliche Regelung gesetzlich automatisch der Fall. Mit nachfolgender Matrix wird eine Erbverteilung nach Errungenschaftsbeteiligung eines Ehepaars aufgezeigt:
Um den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung abzuändern, benötigt es einen Ehevertrag (s. Stichwort: Ehe- / Erbvertrag). Somit wechselt der Güterstand entweder zu einer Gütergemeinschaft oder zur Gütertrennung. Mit einem Ehevertrag kann z.B. das Geschäftsvermögen als Eigengut deklariert werden. Oder die Erträge aus bereits in die Ehe eingebrachten Eigengüter können im Eigengut behalten werden.
Bei der Gütergemeinschaft befinden sich im Eigengut nur noch die persönlichen Gegenstände sowie Genugtuungsansprüche. Alles Übrige wird als Gesamtgut definiert und demzufolge geteilt. Es gilt dabei zu beachten, dass Nachkommen einen Pflichtteil behalten. Häufig wird eine Gesamtvorschlagszuweisung geregelt, dies um den/die Ehepartner/in bestmöglich zu begünstigen:
Bei der Gütertrennung erfolgt keine güterrechtliche Auseinandersetzung. Ehemann und Ehefrau haben und behalten ihr Eigengut, ihre Einkünfte und ihre Vermögenswerte, es findet keine Vermischung statt und demzufolge bei der Erbteilung keine güterrechtliche Auseinandersetzung.
4. Erbengemeinschaft
Hinterlässt eine Person mehrere gesetzliche und/oder eingesetzte Erben, bilden diese von Gesetzes wegen automatisch eine Erbengemeinschaft (Art. 602 ZGB). Dabei handelt es sich um eine Zwangsgemeinschaft und gleichzeitig Liquidationsgemeinschaft: Sie sind Gesamteigentümer aller Nachlassgegenstände (Art. 560 ZGB). Die Erben können nur gemeinsam und einstimmig (Einstimmigkeitsprinzip) über die Nachlassgegenstände bestimmen (s. Kap. 7). Ausnahmen dazu gibt es gemäss Gerichtspraxis, wenn durch Unterlassen einer Handlung Schaden entstehen würde. So darf z.B. der Auftrag zur Reparatur eines vom Sturm beschädigten Daches von einem Einzelerben erteilt werden, da sonst noch grösserer Schaden entstehen würde. Ist sich die Erbengemeinschaft einig, kann sie per Vollmacht einem Einzelerben oder Dritten (z.B. Notar) Zugriff auf das Erbengemeinschafts-Konto erteilen. Zudem kann durch den/die Erblasser/in ein/e Willensvollstrecker/in oder behördlich eine Erbenvertretung (s. Kap. 4.3) oder eine Erbschaftsverwaltung (s. Kap. 4.4) eingesetzt werden. Die Aufgaben aller drei genannten Personen sind gleich, der Unterschied liegt darin, wer den Auftrag erteilt und die Aufsichtspflicht hat. Die Erbengemeinschaft ist nur als Übergangsstadium gedacht. Ziel und Zweck ist die vollständige Aufteilung des Nachlasses auf die einzelnen Erben. Oft bleibt sie jedoch jahrelang bestehen.
Bei der fortgesetzten Erbengemeinschaft wird die Erbteilung im Sinne aller Erben auf später verschoben. Somit kann die Erbengemeinschaft über Jahre bestehen, z.B. bei Vererbung einer Land-/Waldparzelle (Versteuerung s. Kap. 4.6).
Aus einer Erbengemeinschaft kann jederzeit ausgetreten werden. Der/die Erbberechtigte kann seinen/ihren Anteil vom Erbe bei den anderen Erben einfordern und sich auszahlen lassen (s. Kap. 7). Ist die Erbengemeinschaft nicht damit einverstanden, kann der Erbe mittels Erbteilungsklage seinen Austritt aus der Erbengemeinschaft gerichtlich verlangen. Sobald ein/e Miterbe/Miterbin ausbezahlt und somit aus der Erbengemeinschaft ausgetreten ist, spricht man von einer reduzierten Erbengemeinschaft. Die übrigen Erben bilden weiterhin eine Gemeinschaft.
Bei der Erben-Gemeinderschaft besteht die Erbengemeinschaft weiterhin auf längere Zeit, allerdings vertreten die Erben ihre finanziellen Interessen am Vermögen gemeinschaftlich. Dies im Gegensatz zur Erbengemeinschaft, die einen Erbenvertreter ernennt.
Solange die Erbengemeinschaft besteht, haften die Erben auch für die Schulden gemeinsam (ZGB Art. 603, Abs. 1). Da das Erbe nicht verteilt ist, haften sie nicht nur für ihren Erbanteil, sondern für die gesamten Erbschafts- und Erbgangsschulden (s. Kap. 5.2). Dies ist wichtig zu wissen, falls einer der Erben zahlungsunfähig ist oder wird (s. Kap. 2.1).
Die Erbengemeinschaft endet erst mit der vollständigen Erbteilung, also wenn der gesamte Nachlass entsprechend einem Erbteilungsvertrag aufgeteilt ist und jede/r Erbin/Erbe ihren/seinen Erbanteil erhalten hat.
Bei einem Erbstreit ist die Erbteilung blockiert, denn eine Erbteilung erfolgt nur bei Einigkeit aller Erben. Da sich Erbteilungen bei Uneinigkeit über Jahre hinziehen können, weist das ZGB mit Art. 609 auf die Möglichkeit der Mediation hin. Kann keine gütliche Einigung erzielt werden, kommt es zum Gerichtsverfahren. Diejenigen Erben, die bereits vor dem Gerichtsverfahren das Urteil ohne Kenntnis des Resultats akzeptieren, tragen daran kein Kostenrisiko und dürfen ihm fernbleiben. Man nennt sie neutrale Erben.
Muss die Erbschaft in dieser Zeit verwaltet werden (z.B. bei Wohnblöcken oder Aktienportfolios) und ist die Erbengemeinschaft so zerstritten, dass sie handlungsunfähig ist, kann die zuständige Behörde auf Antrag eines Erben eine/n amtliche/n Erbenvertreter/in einsetzen.
Jede/r Erbe/Erbin kann zu jeder Zeit und immer eine Erbenvertretung behördlich beantragen. Dieser Schritt ist in der Regel kostspielig und langwierig, daher muss dies gut überlegt und abgesprochen sein. Eine Erbenvertretung wird immer auf Antrag eines Erben behördlich festgelegt (Art. 602 Abs. 3 ZGB). Mit Beantragung einer Erbenvertretung kann die antragstellende Person die Erbschaft nicht mehr ausschlagen. Ein/e Erbenvertreter/in wird nur eingesetzt, wenn nicht bereits ein/e Willensvollstrecker/in oder Erbschaftsverwalter/in (s. Kap. 4.4) eingesetzt ist. Zuständig ist die Behörde am Wohnsitz des Erblassers und diese bestimmt dann auch die Erbenvertretung. In der Regel wird eine Fachperson eingesetzt. Übernimmt ein/e Miterbin/Miterbe diese Aufgabe, sollte schriftlich vereinbart werden, ob sie/er dafür eine Entschädigung erhält. Die Spesen können immer der Erbengemeinschaft belastet werden.
Ist eine Erbenvertretung eingesetzt, haben die Erben entweder auf das gesamte Erbe oder den in Auftrag gegebenen Vertretungsbereich keine Verfügungsrechte mehr; diese werden mit Einsetzung der Erbenvertretung den Erben entzogen. Sie haben ein Beschwerderecht gegenüber der Erbenvertretung bei der entsprechenden Aufsichtsbehörde.
Die/der Erbenvertreter/in hat die Aufgabe, die Erben zu vertreten. Er/Sie handelt zwar im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Erbengemeinschaft. Er/Sie handelt im Auftrag der Behörde und untersteht ihrer Aufsicht. Gegenüber der Erbengemeinschaft ist die/der eingesetzte Vertreter/in haftbar und ersatzpflichtig. Die Erbenvertretung kann im Rahmen der behördlichen Ausübung über die Erbsachen verfügen und sie bei Bedarf auch veräussern. Er/Sie vertritt die Erbengemeinschaft in allen Belangen, auch vor Gericht, und nimmt die Erbteilung vor.
Die Erbenvertretung kann nicht eine Erbteilungsklage einreichen oder die Erbschaft liquidieren.
Eine Erbschaftsverwaltung wird von der Behörde angeordnet, wenn:
- ein/e Erbe/Erbin dauernd und ohne Vertretung abwesend ist
- die Erben ihre Ansprüche ungenügend nachweisen oder ungewiss sind
- nicht alle Erben bekannt sind
- das Gesetz dies in besonderen Fällen vorsieht, z.B. Verschollenheit, Zahlungsunfähigkeit eines Erben u.Ä.
Hat der/die Erblasser/in eine/n Willensvollstrecker/in bestimmt, wird dieser mit der Erbschaftsverwaltung beauftragt. Die Erbschaftsverwaltung nimmt interimistisch die Rechte und Pflichten der Erben wahr. Den Erben ist bei Einsetzung eines Erbschaftsverwalters/einer Erbschaftsverwalterin die Rechte am Nachlass entzogen. Hier haben die Erben ein Beschwerderecht bei der entsprechenden Aufsichtsbehörde. Dies sichert die Verwaltung des Nachlasses unter amtlicher Aufsicht.
Stirbt ein/e gesetzliche/r Erbin/Erbe, nachdem sie/er den Erbgang, nicht aber die Erbteilung erlebt hat, vererbt sich ihr/sein Recht an der Erbschaft auf ihre/seine Erben (Repräsentationsrecht).
Die Erbengemeinschaft erhält eine eigene Steuererklärung, die sie als Gemeinschaft auszufüllen und einzureichen hat (virtuelle Steuererklärung). Auf der Basis der Steuererklärung der Erbengemeinschaft muss jede/r Erbe/Erbin seinen/ihren Erbteil in seiner/ihrer eigenen Steuererklärung angeben. Dies endet erst nach der Verteilung des Erbes.
5. Nachlass
Die Erbmasse wird juristisch auch Nachlassvermögen genannt. Der Nachlass setzt sich aus aktivem und passivem Vermögen des Erblassers/der Erblasserin zusammen. Bei Ehepaaren erfolgt zudem zuerst die Auflösung des Güterstandes (s. Kap. 3). Zusätzlich werden Vermögenswerte, die zu Lebzeiten verschenkt/abgetreten wurden und die der Ausgleichung unterliegen (s. Kap. 6), in den Nachlass eingerechnet. Um über Annahme oder Ausschlagung der Erbmasse zu bestimmen, benötigt es das Wissen um den Nachlass. Die Regelung des Nachlasses ist Sache der gesetzlichen und/oder gewillkürten Erben.
Als aktives Vermögen zählen sämtliche Vermögenswerte, welche die verstorbene Person bei ihrem Tod besass:
- Persönliche Habseligkeiten (Kleidung, Bücher, Schmuck, Bilder, Mobiliar) und Hausrat. Diese Dinge werden meist als wertlos eingestuft und bei der Teilung mit 0 angegeben.
- Wertschriften und Sparguthaben (Bargeld, Bankguthaben, Sparverträge).
- Zinsen aus Obligationen, Sparguthaben etc. werden bis zum Todestag oder bis zum Stichtag der letzten Steuererklärung, die der/die Erblasser/in noch entrichtet hat, mit seinem persönlichen Rückerstattungsantrag zurückgefordert und gehören ebenfalls zum Nachlassvermögen. Verrechnungssteuern, die nach dem Todestag fällig werden, müssen in der Regel von der Erbengemeinschaft mit einem besonderen Rückerstattungsantrag zurückgefordert werden. Wurde eine Universalerbin/ein Universalerbe bestimmt, muss diese/r die Verrechnungssteuern ab dem Todesstag der Erblasserin/des Erblassers mit ihrer/seiner persönlichen Steuererklärung zurückverlangen.
- Fahrzeuge. Bei Motorfahrzeugen wird in der Praxis auf die Eurotaxtabellen (s. Links: Eurotax) abgestellt.
- Aktien und Wertpapiere, Zinsen, Guthaben aus Forderungen
- Immobilien und Grundstücke, massgebend zur Berechnung ist der Verkehrswert, der allenfalls durch eine Schätzung ermittelt werden muss. Bei landwirtschaftlichen Grundstücken gilt nur der Ertragswert, der aufgrund einer separaten Schätzungsanleitung des Bundesrates ermittelt wird (s. Merkblätter: Anleitung für Schätzung des landwirtschaftlichen Ertragswertes).
- Rückkaufswerte von Lebensversicherungen sowie von Vorsorgeversicherungen der Säule 3a. Ansprüche aus der Säule 3a bei einer Bank.
- Erbvorbezüge, die zu Lebzeiten auf Anrechnung an den Erbteil ausgerichtet wurden.
- Unter Umständen: Schenkungen, gemischte Schenkungen, Abtretung von Vermögen zu Lebzeiten, um den Pflichtteilsanspruch der übrigen Miterben zu umgehen oder zu schmälern.
Die Passiven sind sämtliche Schulden der Erblasserin/des Erblassers, man spricht auch von Erbschaftsschulden:
- Sämtliche offenen Rechnungen, Schulden, Betreibungen und Verlustscheine
- Darlehen und Zinsen
- Offene Kredite
- Hypotheken
- Gerichts- und Anwaltskosten
- Auskunfts- und Wert-Ermittlungskosten sowie Kosten für die Nachlassverwaltung
- Lidlohn (s. Kap. 5.3)
Als Erbgangsschulden, werden diejenigen Auslagen genannt, die unmittelbar mit dem Todesfall der Erblasserin/des Erblassers zusammenhängen. Dazu zählen:
- Beerdigungskosten: Begräbnis, Todesanzeigen, Danksagungen, Sarg oder Urne, Blumen, Grabkreuz, Leichenschmaus etc. Die Beerdigungskosten gehören zu den Pflichten der nächsten Verwandten, auch wenn die Erbschaft ausgeschlagen wird (nachlassverbindliche Kosten). Reicht weder das hinterlassene Vermögen noch können sich die Angehörigen die Beerdigung leisten, kann ein Gesuch um Übernahme bei der Gemeinde gestellt werden (s. Stichwort: Todesfall)
- Kosten für Grabstein und Grabunterhalt
- Mietzinse für die Wohnung der Erblasserin/des Erblassers bis zur ordentlichen oder vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses
- Räumungs- und Reinigungskosten für die Wohnung der Erblasserin/des Erblassers inkl. Entsorgungsgebühren
- Kosten für die Erbteilung und für den Willensvollstrecker
Für die Erbschafts- und Erbgangsschulden haften die Erbberechtigten solidarisch (Erbengemeinschaft). Da auch Erbvorbezüge und Schenkungen (s. Kap. 6) in den Nachlass fallen und je nachdem ausgeglichen werden müssen, ist es wichtig, von den einzelnen Erbberechtigten die persönliche Vermögens- oder Schuldensituation zu kennen. Ebenfalls zu den Passiven gehören die güterrechtlichen Ansprüche der hinterbliebenen Ehegattin/des hinterbliebenen Ehegatten oder die vermögensrechtlichen Ansprüche der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners. Sie werden vom Vermögen der Erblasserin/des Erblassers abgezogen. Nicht ins Erbrecht und somit in den Nachlass fallen Guthaben der 2. Säule. Sie werden nach eigenen Regeln unter den Begünstigten aufgeteilt. Auch für Lebensversicherungen und Säule 3a-Konti können eigene Regeln gelten, je nach Reglement.
Erben, die zum Zeitpunkt des Versterbens mit dem Erblasser/der Erblasserin im selben Haushalt gelebt haben, können bei der Erbengemeinschaft einen weiteren Monat Unterhaltskosten (Dreissigster) verlangen (ZGB Art.606). Ebenfalls können Nachkommen eine Entschädigung (Lidlohn) verlangen, wenn sie während des gemeinsamen Wohnens und Haushaltens der verstorbenen Person ihre Arbeitskraft oder ihre Einnahmen haben zukommen lassen. Beide Ansprüche müssen vor der Erbteilung gegenüber der Erbengemeinschaft angemeldet werden.
6. Erbvorbezug / Abtretung / Schenkung / Darlehen
Erbvorbezug und Schenkung sind Zuwendungen zu Lebzeiten des/der Erblassers/in. Als Schenkung zählt eine unentgeltliche Übertragung von Vermögenswerten an eine andere Person (s. Kap. 6.3). Ein Erbvorbezug liegt dann vor, wenn ein gesetzlicher Erbe zu Lebzeiten des/der Erblassers/Erblasserin Vermögenswerte erhält (s. Kap. 6.1). Wird eine Liegenschaft zu Lebzeiten an gesetzliche Erben übertragen, spricht man anstelle von Schenkung von Abtretung (s. Kap. 6.2).
Um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen, sollten Schenkungen und Vorbezüge gut überlegt und geplant sein. Der/die Schenkende muss sicherstellen, dass seine/ihre finanzielle Unabhängigkeit weiterhin gewährt ist. Ob und inwieweit bestimmte Erben auf Kosten anderer Erben bevorzugt werden sollen, ist Sache des/der Erblassers/Erblasserin und eine weitere Abwägung, die er/sie treffen muss. Grundsätzlich sind verschenkte Vermögenswerte ausgleichspflichtig, es sei denn, der/die Erblasser/in erklärt ausdrücklich das Gegenteil. Er/Sie kann zudem bereits zu Lebzeiten einen Ausgleich festlegen oder den Ausgleich für den Zeitpunkt der Erbteilung bestimmen.
Folgende Punkte sollten bei Erbvorbezügen, Abtretungen, Schenkungen beachtet werden:
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- Bei sämtlichen Zuwendungen die Vermögenslage und -entwicklung im Blick behalten. Auch allfällige Auswirkungen auf Ergänzungsleistungen und Steuern sind zu berücksichtigen.
- Bei einer Zuwendung immer schriftlich festhalten, ob und in welchem Umfang diese bei der späteren Erbteilung ausgeglichen werden soll.
- Juristischen oder notariellen Rat einholen; bei der Übertragung von Grundstücken und Liegenschaften unbedingt eine Fachperson beiziehen.
- Bei Erbvorbezügen und Schenkungen findet eine Eigentumsübertragung statt. Deshalb hat der/die Empfänger/in diese Werte in Zukunft als Vermögen zu versteuern. Für die Schenkenden reduziert sich die Vermögenssteuer, weil sie über weniger Vermögen verfügen (s. Stichwort: Steuern und Wohnrecht und Nutzniessung).
- Im Voraus die Vermögenslage nach dem Erbvorbezug analysieren, insbesondere auch die güterrechtlichen Aspekte. Erbvorbezüge, die aus der Errungenschaft geleistet wurden, werden bei der Ermittlung des Vorschlags an sich nicht zum ehelichen Vermögen hinzugezählt. Fehlte aber die Zustimmung der Ehepartnerin/des Ehepartners, kann diese/r ihren/seinen güterrechtlichen Anteil daran unter Umständen zurückfordern (Art. 208 Abs. 1 ZGB).
- Anstatt eines Erbvorbezugs kann ein Darlehen ausgerichtet werden. Dieses kann in einer finanziellen Notlage wieder zurückgefordert werden.
Ein Erbvorbezug liegt dann vor, wenn ein gesetzlicher Erbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers/der Erblasserin bestimmte Vermögenswerte erhält. Der Erbvorbezug wird zum Nachlassvermögen hinzugerechnet (s. Kap. 5.1 und 6.3). Der Beschenkte hat die erhaltenen Vorempfänge gegenüber den Miterbenden grundsätzlich auszugleichen (Art. 626 ZGB). Diese Ausgleichszahlungen können die/den Beschenkte/n in Bedrängnis bringen.
Um Unklarheiten vorzubeugen, sollte der/die Erblasser/in schriftlich festhalten, ob der Vorbezug oder die Schenkung (s. Kap. 6.3) auszugleichen ist und wenn ja, welcher Betrag im Erbfall anzurechnen ist. Bei Geldwerten gilt für die Ausgleichung grundsätzlich der Nominalwert (Nennwert) und bei Sachwerten (Wertgegenständen), wie bei einer Liegenschaft, der Wert zum Todeszeitpunkt. Eine Befreiung der Ausgleichspflicht muss in einer letztwilligen Verfügung oder vertraglich zum Zeitpunkt des Erbvorbezugs festgehalten sein. Allerdings ist die Befreiungspflicht nur im Rahmen der freien Quote möglich, die Pflichtteile müssen bewahrt werden.
Wird eine Liegenschaft bereits zu Lebzeiten an eine/n gesetzliche/n Erben/Erbin übertragen, spricht man von einer Abtretung. Es lohnt sich, den ausgleichspflichtigen Teil bereits im Abtretungsvertrag zu regeln. Bei Grundstücken wird oft ein Anrechnungswert vereinbart. Im Härtefall ist für den Anrechnungswert der Zeitpunkt des Erbgangs massgebend (Art. 630 ZGB). Es gilt also der Wert am Todestag der Erblasserin/des Erblassers. Eine Aufzinsung des Erbvorbezugs oder dessen Anpassung an die Teuerung müsste der/die Erblasser/in speziell anordnen.
Befindet sich eine Liegenschaft im Nachlass oder wurde eine Liegenschaft einer Erbin/einem Erben als Erbvorbezug zu Lebzeiten übertragen, muss für die Erbteilung der aktuelle Verkehrswert ermittelt werden. Dafür müssen die Erben eine Schätzung des Hauses, des Grundstücks oder der Wohnung in Auftrag geben. Es gibt verschiedene Methoden, um den Wert einer Liegenschaft zu bemessen respektive zu schätzen (s. Links: Bewertung Liegenschaften). Um Konflikte zu vermeiden, sollten alle Erben der Wahl der Schätzerin/des Schätzers zustimmen und das Resultat bereits vorgängig anerkennen. Oder die Erbinnen/Erben lassen zwei Schätzungen erstellen und einigen sich darauf, den Mittelwert der beiden Ergebnisse zu verwenden.
Eine Schenkung ist eine unentgeltliche Übertragung von Vermögenswerten an eine andere Person. Erfolgen Schenkungen an Nachkommen (Kinder) gelten sie als Erbvorbezüge und müssen ausgeglichen werden. Dies kann umgangen werden, indem der Schenkende ausdrücklich festhält, dass die Schenkung nicht ausgeglichen werden muss.
Schenkungen an nicht pflichtteilsgeschützte Erben oder an gewillkürte Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Der/Die Schenkende kann aber einen Ausgleich festlegen. Verletzen die Schenkungen allerdings Pflichtteilsrechte, müssen sie ausgeglichen werden, wenn sie vor weniger als 5 Jahren gegeben wurden. Geschenke oder Zahlungen an Fremde, die keine Erben sind, spielen keine Rolle bei der Erb(ver)teilung.
Wenn ein Erbverzichtsvertrag (s. Stichwort: Ehe- / Erbvertrag) besteht, in dem sich die Ehepartner gegenseitig maximal begünstigen, ist nach neuem Erbrecht keine Schenkung an die Nachkommen mehr möglich. Denn die Nachkommen haben auf ihren Erbanspruch beim Versterben des ersten Elternteils zugunsten des überlebenden Elternteils verzichtet. Das Erbe wird erst nach dem Versterben des zweiten Elternteils an die Nachkommen verteilt. Mit einem Erbvertrag haben die Eltern somit über den gesamten Nachlass verfügt (Begünstigung voneinander), so dass keine Schenkung mehr möglich ist. Wird trotzdem eine Schenkung ausgerichtet und die Erben sind damit nicht einverstanden, können sie dagegen vorgehen (s. Stichwort: Testament).
Auch mit einem Darlehen kann man einer zukünftigen Erbin/einem zukünftigen Erben Geld zur Verfügung stellen. Wird vereinbart, dass das Darlehen unkündbar und erst auf den Tod fällig sei, hat es praktisch die Wirkung eines Erbvorbezugs. In der Regel aber besteht ein gewichtiger Unterschied:
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- Schenkungen und Erbvorbezüge gehen zu Lebzeiten ins Eigentum der/des Bedachten über und sind nicht rückforderbar (s. Quellen: Testament, Erbschaft, S. 94). Jedoch unterliegen sie nach dem Tod des/der Schenkenden unter Nachkommen der Ausgleichungspflicht (s. Kap: 6.1 und s. Quellen: Testament, Erbrecht, S. 198ff).
- Darlehen verbleiben im Vermögen der Darlehensgeberin/des Darlehensgebers, in der Regel kann sie/er sie zurückfordern.
Bei einem Darlehen müssen der/die Darlehensgeber/in/ den Darlehensbetrag als Vermögen und die Zinse als Ertrag versteuern. Der/die Darlehensnehmer/in andererseits kann die Darlehensschuld beim Vermögen und die Zinszahlungen beim Einkommen abziehen.
7. Erbteilung
Bei verheirateten Paaren erfolgt zur Bestimmung des Nachlasses und vor der Erbteilung die sogenannte güterrechtliche Auseinandersetzung (s. Kap. 3). In Bezug auf die eheliche Eigentumswohnung/Liegenschaft und den Hausrat besitzt der/die überlebende Ehepartner/in Vorrechte (Art. 612a Abs. 1 ZGB). Er/Sie kann das alleinige Eigentum unter Anrechnung an die Erbschaft verlangen. Dieses Recht ist jedoch nicht unentgeltlich, der Wert des Hauses resp. der Wohnung wird an die güter- und erbrechtlichen Ansprüche angerechnet. Reichen diese nicht aus, um die Wohnung zu Eigentum zu übernehmen, oder stellt die Übernahme für die hinterbliebene Person eine zu grosse finanzielle Belastung dar, kann sie stattdessen die Nutzniessung an der ganzen Liegenschaft oder auch nur an einem Teil des Gebäudes oder ein Wohnrecht verlangen (s. Stichwort: Nutzniessung/Wohnrecht). Es ist also nicht nötig, dass beide Eheleute bereits zu Lebzeiten im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind.
Unter der Erbteilung ist die Verteilung des Nachlasses auf die Erben zu verstehen. Dies kann erst geschehen, wenn der Wert des Erbschaftsvermögens bestimmt ist und allfällige Schulden des Erblassers beglichen sind. Hat der/die Erblasser/in gegenüber einem/einer Erben/Erbin noch Forderungen offen, werden diese bei der Teilung angerechnet. Der Überschuss wird an die Erben verteilt. Jede/r Erbin/Erbe kann grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt seinen Erbanteil verlangen und setzt dabei die Erbteilung in Gang.
Die Verteilung selber ist Sache der Erben. Der Gesetzgeber überlässt die Erledigung der Erbteilung vollumfänglich der Erbengemeinschaft. Sie sind Gesamteigentümer aller Gegenstände im Nachlass. Jede Erbin/jeder Erbe kann verlangen, dass die Schulden der Erblasserin/des Erblassers vor der Teilung entweder getilgt oder sichergestellt werden (Art. 610 Abs. 3 ZGB). Der oberste Grundsatz bei einer Teilung ist die Gleichberechtigung. Erben haben auch, unabhängig von der Grösse ihres Erbteils, den gleichen Anspruch auf einen Gegenstand (in natura) (Art. 610 ZGB). Das heisst, wenn ein Gegenstand verkauft und der Erlös aufgeteilt werden soll, kann ein/e Erbin/Erbe den Gegenstand zum Verkaufspreis ihrem/seinem Anteil (Los) anrechnen lassen. Gleichzeitig könnte ein Gegenstand durch die Teilung erheblich an Wert verlieren. Die Erbengemeinschaft kann bei Einigkeit einen einzelnen Gegenstand einem einzelnen Erben zuteilen, wenn er durch die Teilung erheblich an Wert verlieren würde. Genauso werden in der Regel zusammengehörende Sachen im Normfall nicht getrennt vergeben.
Ist eine/r Erbin/Erbe innerhalb der Erbengemeinschaft nicht einverstanden und ergreift Rechtsmittel, ist die Erbengemeinschaft handlungsunfähig (s. Kap. 4.2). Können sich die Erben über die Teilung oder Zuweisung einer Sache nicht einigen, so kann eine Lösungsvariante sein, die Sache zu verkaufen und zu teilen. Jede/r Erbin/Erbe hat Anspruch darauf, dass das Vermögen zu den Verkehrswerten geteilt wird. Einzig bei landwirtschaftlichen Gewerben besteht für den/die Selbstbewirtschafter/in ein Recht auf Zuweisung zum Ertragswert, wobei in diesem Fall den anderen Erben während 25 Jahren ein Gewinnanteilsrecht zusteht.
Im besten Fall hat der/die Erblasser/in bereits zu Lebzeiten Vorschriften zur Teilung festgelegt (z.B. Teilungsvorrecht, Teilungszeitpunkt, Teilungsvorgehen etc.). Wie in Kap. 4 erwähnt, muss sich die Erbengemeinschaft immer einig sein. Bei Einigkeit können sie sich sogar über die Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen.
Können sich die Erbinnen/Erben über die Art der Teilung nicht einigen, so hat auf Verlangen einer Erbin/eines Erben oder eines Gläubigers die zuständige Behörde mitzuwirken (Art. 609 ff. ZGB). Dies ist auch der Fall, wenn von Gesetzes wegen eine Erbschaftsverwaltung oder auf Antrag behördlich eine Erbenvertretung eingesetzt wurde (s. Kap. 4). Auch der Kanton kann in bestimmten Fällen (öffentlich-rechtliche Beschränkungen namentlich im landwirtschaftlichen Erbrecht wie Vorkaufsrecht, Verstückelungsverbot etc.) seine Mitwirkung vorsehen. In diesem Fall werden bei der Erbteilung aus den Erbschaftssachen so viele Teile oder Lose gebildet, wie Erben/Erbstämme vorhanden sind. Die Lose sind gebildet unter Berücksichtigung des Ortsgebrauchs, der persönlichen Verhältnisse und der Wünsche der Mehrheit der Miterben. Die Verteilung der Lose erfolgt nach Vereinbarung oder durch Losziehung.
Sobald der Nachlass liquidiert ist, ist die Erbteilung abgeschlossen und die Erbengemeinschaft löst sich auf. Nach der erfolgten Erbteilung ist die Erbengemeinschaft liquidiert.
Die meisten Erbinnen/Erben können sich über den Teilungsmodus einigen. In einfacheren Fällen nimmt jede/r die ihr/ihm zugesprochenen Gegenstände und das Bargeld wird formlos aufgeteilt. Andere Erbengemeinschaften vereinbaren detailliert, wer was und wieviel erhält. Ein Erbteilungsvertrag (s. Links: Muster Erbteilungsvertrag) muss schriftlich abgefasst sein. Es braucht aber keine öffentliche Beurkundung, selbst dann nicht, wenn Liegenschaften zu verteilen sind. Gestützt auf den Erbteilungsvertrag kann die/der berechtigte Erbin/Erbe die Änderung des Grundbucheintrags verlangen. Weil die Grundbuchämter aber einiges an Formalitäten verlangen, ist es in den meisten Fällen sinnvoll, sich von einer Anwältin/einem Anwalt oder einer Notarin/einem Notar beraten zu lassen.
siehe Stichwort: Steuern
Der Ausgleichung unterliegen grundsätzlich alle Zuwendungen, die die Nachkommen von der/dem Erblasser/in zu Lebzeiten erhalten haben – Erbvorbezüge, Schenkungen, höhere Ausbildungskosten. Einzige Ausnahme: Gelegenheitsgeschenke zu Weihnachten oder Geburtstagen. Erbvorbezüge von Nachkommen müssen ausgeglichen werden – es sei denn, der/die Empfänger/in sei ausdrücklich von der Ausgleichspflicht befreit worden. Dies kann in einer letztwilligen Verfügung (s. Stichworte: Testament resp. Ehe-/Erbvertrag), in einem Kaufvertrag oder in einem anderen Dokument festgehalten sein. Die Ausgleichspflicht trifft nicht jede/n Erbin/Erben gleich.
Das Gesetz stellt zwei Kategorien von Ausgleichsschuldnerinnen/Ausgleichsschuldnern auf:
- Bei den Nachkommen stellt das Gesetz die Vermutung auf, dass der/die Erblasser/in alle gleich behandeln wollte (Art. 607 ZGB, Art. 626ff ZGB). Soll daher ein Nachkomme nicht ausgleichen, muss dies ausdrücklich so festgehalten sein (Art. 608 ZGB).
- Bei den übrigen gesetzlichen Erben wird die Ausgleichungspflicht nicht vermutet. Das gilt auch für die hinterbliebene Ehepartnerin/den hinterbliebenen Ehepartner (s. Quellen: Testament, Erbschaft, S. 198).
8. Erbrechtliche Sonderbestimmungen
Konkubinatspartner/innen sind keine gesetzlichen Erben und erben somit beim Tod der Partnerin/des Partners nichts. Durch die Senkung der Pflichtteile (s. Kap. 2.4) im neuen Erbrecht, kann eine erhöhte freie Quote testamentarisch dem/der Konkubinatspartner/in zugewiesen werden. Hier aufgegriffen sind lediglich Informationen, die nicht bereits im Stichwort: Konkubinat aufgeführt sind.
Kaufen die Konkubinatspartner/innen gemeinsam eine Liegenschaft/Wohnung, gehört sie beiden gemeinsam. Dieser gemeinschaftliche Kauf sollte unbedingt mit einer letztwilligen Verfügung geregelt werden (s. Stichwort: Testament und Konkubinat), denn im Todesfall geht der Anteil der verstorbenen Person auf die gesetzlichen Erben über. Diese können sich ihre Pflichtteile auszahlen lassen oder ihren Anteil des Hauses verkaufen wollen. Gehört die Liegenschaft einer Person alleine, ist mit dem/der Konkubinatspartner/in unbedingt zumindest ein Mietvertrag mit eventuell längerer Kündigungsfrist abzuschliessen. So hat der/die überlebende Partner/in nach dem Ableben des/der Liegenschaftseigentümers/-eigentümerin genügend Zeit, sich ein neue Wohnlösung zu organisieren.
8.1.1 Renten aus Pensionskasse
Das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge schreibt keine Leistungen an hinterbliebene Lebenspartner/innen vor. Die Pensionskassen dürfen aber in folgenden Situationen freiwillig Todesfallleistungen an den/die Konkubinatspartner/in ausrichten.
- Das Paar lebt seit mindestens fünf Jahren zusammen
- Der/die hinterbliebene Partner/in sorgt für gemeinsame Kinder
- Der/die hinterbliebene Partner/in wurde von dem/der verstorbenen Partner/in erheblich (zu min. 50%) unterstützt
Da es keine einheitliche Regelung gibt, gilt es immer den Einzelfall zu betrachten und sich bei der betroffenen Pensionskasse über den Fall und einen allfälligen Leistungsanspruch des überlebenden Konkubinatspartners/der überlebenden Konkubinatspartnerin zu informieren.
Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass ein/e Konkubinatspartner/in keinen Anspruch auf eine Rente der Pensionskasse der/des Konkubinatspartner/in geltend machen kann, wenn sie/er bereits eine Rente aus einer vorherigen Beziehung (i.d.R. Ehe) bezieht (z.B. eine Witwenrente des verstorbenen Ehepartners). Pensionskassen können nur subsidiär Leistungen erbringen. Es können nicht zwei Renten für dasselbe Risiko gleichzeitig bezogen werden.
Eine Witwen-/Witwerrente geht mit einer Wiederverheiratung verloren. Sollte diese Ehe wieder geschieden werden, lebt der Anspruch (anders als bei der AHV) nicht wieder auf. Die Pensionskassen dürfen freiwillig grosszügiger sein, massgebend ist das Pensionskassenreglement.
8.1.2 Freizügigkeitskonto / Freizügigkeitspolice
Vorsorgeguthaben, die auf einem Freizügigkeitskonto oder in einer Freizügigkeitspolice deponiert sind, können der/dem überlebenden Konkubinatspartner/in auf Antrag ausbezahlt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (zu berücksichtigen ist dabei die Nachlassregelung:
- Die/der Hinterbliebene wurde zu Lebzeiten von dem/der verstorbenen Partner/in erheblich unterstützt (z.B. im Haushalt)
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-
- Zum Todeszeitpunkt bestand die Lebensgemeinschaft seit mindestens fünf Jahren
8.1.3 Säule 3a und Säule 3b
In der Säule 3a kann man seine/n Lebenspartner/in in der Regel auch dann begünstigen, wenn das Konkubinat weniger als fünf Jahre dauerte – vorausgesetzt, es sind weder ein/e Ehepartner/in noch Kinder vorhanden, man setzt den/die Lebenspartner/in im Testament als Erbin/Erben ein und informiert die 3a-Vorsorgestiftung.
In der Säule 3b können die Begünstigten frei bestimmt werden, das macht sie zu einem interessanten Vorsorgeinstrument für Konkubinatspaare. Verbreitet sind die klassischen Lebensversicherungen, bei denen einerseits ein Todesfallkapital versichert ist und andererseits aufs Alter gespart wird. Wird in einem solchen Konto der/die Konkubinatspartner/in als Begünstigte/r eingesetzt, erhält sie/er den grössten Teil der Auszahlungssumme. Für die Pflichtteilsberechnung wird nur der Rückkaufswert berücksichtigt.
Im Kanton Bern erhält jede/r Erbberechtigte/r die Checkliste für Erbinnen/Erben, welche eine hilfreiche Orientierung darstellt (s. Checklisten: Checkliste für Erbinnen/Erben). Darin ist auch das Vorgehen zur Ausschlagung erklärt. Ab Kenntnis des Todesfalls hat der Erbe/die Erbin drei Monate Zeit, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen (s. Stichwort: Todesfall). Wird das Erbe ausgeschlagen, steht dafür ein entsprechendes Formular (s. Formulare: Erbschaftsausschlagung) zur Verfügung, das beim zuständigen Regierungsstatthalteramt eingereicht werden muss. Es ist wichtig, keinerlei Nachlassverwaltung vorzunehmen, sonst kann das Erbe nicht mehr ausgeschlagen werden (s. Stichwort: Todesfall). Die Erben sind auch bei Erbausschlagung für die Organisation und Finanzierung der Bestattung verantwortlich (K-Tipp und BGE 54 II 90). Auf Antrag der Erben werden die Kosten der Bestattung von der Gemeinde übernommen (s. Stichwort: Todesfall).
Schlägt ein/e einzelne/r Erbe/in aus, vererbt sich sein/ihr Erbteil an seinen/ihren Nachkommen. Grundsätzlich kann aber eine Ausschlagung nicht zugunsten einer anderen Person vorgenommen werden. Beispiel: Der Verstorbene hinterlässt eine Ehefrau und eine Schwester, keine Kinder, keine Eltern. Die Schwester des Verstorbenen schlägt ihr Erbe aus. Ihr volljähriger Sohn wird nach über 8 Monaten ebenfalls angeschrieben mit der Frage, ob er die Erbschaft annehmen will. Die Schwester kann in diesem Fall nicht das Erbe ausschlagen und vorschlagen, dass das gesamte Erbe der Ehefrau des verstorbenen Bruders zugut kommen soll. Ihr Sohn aber kann die Erbschaft ebenfalls ausschlagen. Dann würde die Schwägerin zu 100% erben, da der Sohn der Schwester keine Kinder hat.
Hat das Regierungsstatthalteramt bereits Kenntnis einer offensichtlichen Überschuldung, geht es bereits von der Ausschlagung aus und schlägt dies den Erben/innen entsprechend vor. Dann müssen sie innert Frist explizit die Annahme des Nachlasses erklären (und somit die Übernahme der Verschuldung).
Quellen und Links
- Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht BGBB
- Gesetz betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB), Kanton Bern
- Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer ESchG, Kanton Bern
- Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erbrecht), Bundesrat
- Inventare
- Notariatsverordnung NV, Justiz, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern
- Schweiz. Zivilgesetzbuch (Erbrecht), Änderung vom 18. Dezember 2020
- Verordnung über die Errichtung des Inventars
- Beobachter-Guider
- Bestattungskosten bezahlen, K-Tipp 08/17
- Erbengemeinschaften, Dein Adieu
- Erbengemeinschaft & Infos, Formen & Rechte, Erbrechtsinfo
- Erbrecht Schweiz: Das Wichtigste auf einen Blick, Vermögenszentrum
- Erbvorbezüge und Schenkungen, Vermögenszentrum
- Grundprinzipien der Erbberechtigung, Dein Adieu
- Information zum Schweizer Erbrecht, Bürgi und Nägeli Rechtsanwälte
- Wohneigentum im Konkubinat, Hypohaus
- Neues Erbrecht: Diese Sätze können heikel sein, Vermögenszentrum
- Persönliche Vorsorge, Pro Senectute Schweiz
- Pflichtteil & Rechtslage, Pflichtteilsanspruch & Quote, Erbrechtsinfo
- Scheidung, Dein Adieu
- Schweizer Erbrecht & Grundlagen, Erbrechtsinfo
- Bewertung Liegenschaften, SVIT Bewerter
- Erbrechner, Beobachter-Guider
- Erbrecht, Kanton Bern
- Erbteilungsvertrag Muster, Beobachter-Guider
- Fahrzeugbewertung, Eurotax
- Notarensuche, Verband bernischer Notare
- Eurotax, Fahrzeugbewertung
- Notarensuche, Verband bernischer Notare
- Testament-Rechner Pro Senectute Schweiz
Änderungen im Stichwort
Datum | Inhalt | Visum |
10.05.2023 |
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28.11.2023 |
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