Hilflosenentschädigung (HE)

 

18.11.2019 / sni
Letzte Änderungen: 29.12.2023 / sni

  • Korrektur Kap. 2 Voraussetzungen: Wartefrist beträgt ab 1.1.2024 nur noch 6 Monate

Zusammenfassung

Dieses Stichwort beschreibt die Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung (HE) sowie deren Leistungen und welche Auswirkungen sie auf andere Leistungen oder Bereiche wie Ergänzungsleistungen, Steuern, Heimeintritt haben. Auch werden das Anmeldeverfahren und dabei wichtige, zu berücksichtigende Punkte beschrieben. Die Angaben basieren hauptsächlich auf dem Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit (KSIH) (s. rechtliche Grundlagen). In den Quellen ist ein zusammenfassendes Merkblatt abgelegt, das auch an Klienten abgegeben werden kann (s. Merkblätter: Merkblatt Hilflosenentschädigung).

1. Begriffe Hilflosigkeit und Hilflosenentschädigung

Als hilflos gilt eine Person, welche wegen Invalidität für die alltägliche Lebensverrichtung dauernd in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist oder der persönlichen Überwachung bedarf. Die Hilflosenentschädigung ist eine pauschale Entschädigung für Kosten, welche durch Hilfeleistungen von Dritten für Betreuung und Pflege, die trotz Einsatz von Hilfsmitteln regelmässig nötig sind, entstehen.

2. Voraussetzungen

Eine Hilflosenentschädigung kann nur beantragen, wer Wohnsitz in der Schweiz hat und eine IV- oder AHV-Rente oder Ergänzungsleistungen bezieht (KSIH, Rz 8118). Der Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) ist jedoch keine Voraussetzung, denn die Hilflosenentschädigung wird unabhängig von Vermögen und Einkommen gewährt. Wer jedoch bereits eine Hilflosenentschädigung der obligatorischen Unfall- oder Militärversicherung bezieht, kann keine HE der IV oder AHV mehr beantragen resp. beziehen (KSIH, Rz 8118 und 9024).

Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung hat jemand, der regelmässig und in erheblicher Weise in den alltäglichen Lebensverrichtungen oder für die Pflege gesellschaftlicher Kontakte auf Hilfe Dritter angewiesen ist, dauernde persönliche Überwachung oder besonders aufwändige Pflege benötigt. Die Unterstützung wird in direkte (Anziehen und Ausziehen von Kleidern) und indirekte (Bereitlegen von Kleidern, Anleiten bei An- und Ausziehen) Hilfe unterteilt. Eine Hilflosigkeit wird nur anerkannt, wenn sämtliche subsidiären Möglichkeiten ausgeschöpft sind, d.h. wenn sämtliche mögliche Massnahmen ergriffen (z.B. Benutzung von Schuhen mit Klettverschluss anstatt mit Schnürsenkel) und sämtliche Hilfsmittel eingesetzt werden (s. Stichwort: Hilfsmittel, Pflegehilfsgeräte und Produkte).

Der Anspruch beginnt erst nach einer Wartefrist von 6 Monaten, in welchen die Hilflosigkeit andauernd bestanden hat (KSIH, Rz 8118). Für eine Reduktion oder Erhöhung der Hilflosenentschädigung beträgt die Wartezeit nur noch drei Monate (Art. 88a. und Art. 88bis IVV). Der Aufenthalt in einem Heim hindert den Lauf der Wartezeit für den Bezug einer HE nicht. Liegt bei einer/einem Heimbewohner/in eine leichte Hilflosigkeit vor, kann diese zur Erfüllung der Wartefrist bereits berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass bei einer Veränderung auf eine mittlere oder schwere Hilflosigkeit die Wartefrist nicht erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt, seit welchem die Voraussetzungen für die mittlere oder schwere Hilflosigkeit erfüllt sind.

Die Hilflosenentschädigung wird max. 12 Monate rückwirkend ausbezahlt (Art. 46 AHVG). Somit sollte die Anmeldung spätestens 12 Monate ab Anspruchsbeginn (nach Ablauf der Wartefrist) eingereicht werden. Die Anmeldung kann bereits vor Ende der Wartefrist eingereicht werden, der Anspruch wird jedoch erst nach Ablauf der Wartefrist geprüft (da sich der Gesundheitszustand bis dann noch ändern kann) und der Anspruch würde folglich auch erst nach Ablauf der Wartefrist entstehen. Eine Auszahlung ist auch nach einem Todesfall möglich, jedoch auch nur rückwirkend für max. 12 Monate.

Zur Beurteilung eines Anspruchs auf HE werden nur die in den folgenden Unterkapiteln aufgeführten Bereiche der sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (s. Kap. 2.1-2.6), die dauernde Pflege, die dauernde persönliche Überwachung und die Sonderfälle für eine leichte HE berücksichtigt. Eine Unfähigkeit in der Verrichtung von Haushaltsarbeiten, wie Einkaufen, Kochen und Reinigung, gilt nicht als Grundlage für die Berechnung einer Hilflosenentschädigung. Der Bereich der lebenspraktischen Begleitung (KSIH, Rz 8040ff) wird in diesem Kapitel nicht aufgeführt, weil er nur bei einem Bezug einer IV-Rente gilt, nicht aber einer AHV-Rente, ausser im Besitzstand (s. Kap. 3.4) bei Menschen, die zu Hause wohnen.

Beim Ausfüllen der HE-Anmeldung muss Folgendes berücksichtigt werden:

  • Die Situation sollte so detailliert wie möglich beschrieben werden, damit die IV-Stelle sich ein gutes Bild der Einschränkung machen kann. Bei schleichendem Verlauf, hilft es, Stichdaten, welche im Zusammenhang mit der Hilflosigkeit stehen ausfindig zu machen.
  • Monat und Jahr des Beginns der Hilflosigkeit ist nötig für die Beurteilung der Wartefrist resp. des Anspruchsbeginns.
  • Die Häufigkeit muss genau beschrieben werden: regelmässig=täglich, x Mal täglich, wöchentlich, monatlich.
  • Die Zumutbarkeit der Dauer ist relativ und muss deshalb beschrieben werden. Bspw. Ist eine Dauer von 2 Std., um sich alleine anzuziehen nicht zumutbar.
  • Auch sollen Unterstützungsleistungen in direkte und indirekte Hilfe unterteilt resp. entsprechend bezeichnet werden.
  • Damit einer der sechs Bereiche (Kap. 2.1-2.6) als erfüllt gilt, muss nur ein Punkt erreicht werden, z.B. Rasieren bei Körperpflege (s. Formulare: Anmeldung HE).
  • Bei der dauernden Überwachung spielt die Selbst- und Fremdgefährdung eine wichtige Rolle. Zuhause ist diese bspw. bei Demenz und Spätstadien von Alzheimer gegeben. Hilfestellung beim nächtlichen Toilettengang sind bei der Pflege/alltäglichen Lebensverrichtung zuzuordnen.

Wie bereits unter direkte und indirekte Hilfe erwähnt, wird dieser Punkt nicht nur als erfüllt betrachtet, wenn jemand direkte Hilfe beim An- und Ausziehen von Kleidern benötigt, sondern auch, wenn die Kleider bereitgelegt werden müssen, z.B. weil sich jemand nicht witterungsgerecht kleiden kann oder die Vorder- und Rückseite der Kleidungsstücke verwechselt,  und wenn jemand Anleitung fürs An- oder Ausziehen benötigt. Das Anziehen von Stützstrümpfen (Behandlungspflege) gehört nicht dazu. Der Bereich wird auch gezählt, wenn jemand es zwar selbst könnte, jedoch nur mit erheblichem, unzumutbarem Aufwand (KSIH, Rz 8026).

Dieser Bereich gilt bspw. als erfüllt, wenn jemand zum Aufstehen, Absitzen und Abliegen auf Hilfe von Dritten angewiesen ist und nur stehen kann, wenn sie/er sich mit beiden Händen festhalten muss. Schwierigkeiten beim Aufstehen aus tiefen Sofas oder Autos (Sitzflächen, auf die eine Person nicht angewiesen ist) werden dabei nicht berücksichtigt.

Wenn jemand die Nahrung nicht selbst zum Mund führen oder nicht verkleinern kann, wenn die Nahrung püriert oder ans Bett gebracht werden muss, wird dieser Bereich gezählt. Eine Hilflosigkeit liegt jedoch nicht vor, wenn jemand nur auf das zerkleinern von harten Speisen (wie Fleisch) angewiesen ist. Wenn an Demenz erkrankte Menschen nur noch mit den Fingern essen, wird der Bereich gezählt, jedoch wird er nicht berücksichtigt, wenn Menschen aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes die Nahrung mit den Händen zum Mund führen.

Bei diesem Bereich werden Rasieren, Kämmen, Waschen und Baden/Duschen dazugezählt. Seit Neuem wird der Bereich auch anerkannt, wenn jemand sich zwar am Lavabo selbst gründlich waschen kann, jedoch beim Duschen (auch bei nur 1x wöchentlich) auf Hilfe angewiesen ist. Auch wird von einer Hilflosigkeit ausgegangen, wenn jemand nur beim Ein- und Aussteigen in die Dusche/Badewanne Unterstützung sowie ständige Anwesenheit während dem Duschen benötigt. Ein Unterstützungsbedarf beim Frisieren und Nägel schneiden begründet keine Hilflosigkeit.

Eine Hilflosigkeit in diesem Bereich liegt u.A. vor, wenn die Reinlichkeit überprüft werden muss, Kleider nach dem Toilettengang gerichtet werden müssen, wenn jemand beim Absitzen und Aufstehen auf die Toilette Hilfe bedarf oder wenn eine Person wegen Demenz begleitet werden muss. Die Nutzung von Windeln oder Inkontinenzeinlagen wird nur anerkannt, wenn sie nicht selber gewechselt werden können.

Wenn die Person einen Klosomat als Hilfsmittel nutzt und diesen selbst bezahlt hat, kann für die Verrichtung der Notdurft ein Punkt gegeben werden. Das Verrichten der Notdurft mit einem Katheter ist ebenfalls diesem Bereich zuzuordnen. Kommt es mehr als 3x wöchentlich zu einer Verschmutzung, gilt dies als regelmässig (ehemaliges Merklbatt HE, PS ReBe, 2019).

Hier liegt eine Hilflosigkeit vor, wenn sich die versicherte Person auch mit einem Hilfsmittel nicht mehr allein im oder ausser Haus fortbewegen oder wenn sie keine gesellschaftlichen Kontakte pflegen kann. Unter Fortbewegung wird auch das Treppensteigen berücksichtigt. Kann eine Person, die am Rollator geht, zwar noch die Treppen alleine begehen, jedoch den Rollator nicht hoch- und heruntertransportieren, wird von einer Hilflosigkeit ausgegangen.

Zur Pflege gesellschaftlicher Kontakte werden Konversieren, Lesen, Schreiben und Besuchen von Anlässen dazugezählt. Die leichte Hilflosigkeit ist gegeben, wenn trotz der Abgabe von Hilfsmitteln nur dank regelmässiger und erheblicher Dienstleistung Dritter, gesellschaftliche Kontakte gepflegt werden können. Damit dieser Punkt gewährt wird, müssen vor der Verschlechterung der gesundheitlichen Situation gesellschaftliche Kontakte gepflegt worden und diese aufgrund der gesundheitlichen Verschlechterung eingestellt worden sein.

Für eine leichte HE im Sonderfall müssen beide Punkte (Fortbewegung und Pflege gesellschaftlicher Kontakte) erfüllt sein (s. Kap. 2.9). Für eine HE im Regelfall reicht die Erfüllung einer der beiden Punkte, damit er zur Bemessung einer Hilflosigkeit anerkannt wird (für eine leichte HE als einer von zwei Punkten).

Besteht eine Weglaufgefahr aufgrund einer Demenz, ist dies auch der Fortbewegung zuzuornden (Merkblatt HE, PS ReBe, 2019).

Die Pflege bezieht sich nicht auf die alltäglichen Lebensverrichtungen, sondern beinhaltet medizinische oder pflegerische Hilfeleistungen, welche ärztlich verschrieben wurden. Dazu gehören Wechseln von Katheter, Messen von Blutzucker oder Blutdruck, Beine einbinden oder Kompressionsstrümpfe an- und ausziehen sowie das tägliche Verabreichen von Medikamenten. Nur das Richten von Medikamenten (in ein Kästchen) reicht nicht für die Anerkennung einer Hilflosigkeit.

Dieser Punkt kommt erst ab 2 Std. Pflege pro Tag zum Tragen. Das Anziehen der Stützstrümpfe ist auch diesem Bereich zuzuordnen (Merkblatt HE, PS ReBe, 2019).

Überwachungstätigkeiten, welche bereits in den Bereichen der täglichen Lebensverrichtung aufgeführt worden sind, können in diesem Bereich nicht erneut berücksichtigt werden. Von einer Überwachungsbedürftigkeit darf bei Fremd- oder Selbstgefährdung ausgegangen werden. Zuhause ist bspw. bei einer Demenz oder in einem Spätstadion von Alzheimer von einem Überwachungsbedarf auszugehen. Diesem Bereich wird insbesondere bei der Beurteilung einer leichten oder mittleren HE grösseres Gewicht beigemessen, da bei einer schweren Hilflosigkeit von einer regelmässigen Betreuung ausgegangen wird. Hilfestellung beim nächtlichen Toilettengang wird nicht der dauernden persönliche Überwachung zugordnet, sondern unter Verrichten der Notdurft (s. Kap. 2.5). Aber die blosse Anwesenheit einer Drittperson beim Aufstehen in der Nacht, kann in diesem Bereich von Bedeutung sein (KSIH 8017).

Bei diesem Punkt spielen Selbst- und Fremdgefährdung eine wichtige Rolle. Bspw. ist die Selbstgefährdung bei 3 Stürzen pro Tag erfüllt. Hier wird unterschieden, ob die Überwachung zuhause oder im Heim stattfinden muss. Zuhause wird dieser Punkt bei Demenz und Spätstadien von Alzheimer gewährt. Im Heim wird dieser Punkt nur gewährt, wenn die betroffene Person in einer geschlossenen Abteilung lebt oder wenn eine zusätzliche Person für die Pflege oder Überwachung nötig ist (Merkblatt HE, PS ReBe, 2019).

Alzheimer stellt Formulare und Wegleitung für die Erstellung eines Pflegeplans sowie die Einschätzung der Situation (Fähigkeiten und Unterstützungsbedarf der betreuungsbedürftigen Person sowie Gefühle der betreuungsbedürftigen Person und des/der pflegenden Angehörigen) zur Verfügung. Diese können auch für die HE-Anmeldung bei Demenz oder Alzheimer beigezogen werden (s. Formulare: Pflegeplanung). Klienten können jedoch für eine HE-Anmeldung bei Demenz oder Alzheimer auch an Alzheimer verwiesen werden.

Eine leichte HE kann in Sonderfällen für Pflege gesellschaftlicher Kontakte (KSIH, Rz 0864-8068) oder bei besonders aufwendiger Pflege (KSIH, Rz 8057-8063) gewährt werden (s. Kap. 2.6 und 2.7.).

In diesem Kapitel wird nur ausführlich auf den Sonderfall Blinde und hochgradig Sehbehinderte eingegangen. Sonderfälle von schwerer Hilflosigkeit (KSIH, Rz 8056) werden hier nicht aufgeführt, weil sie i.d.R. bereits in der Kindheit bei Taublindheit oder schwerer Gehörlosigkeit oder hochgradiger Sehschwäche zum Tragen kommt.

Die für den Sonderfall notwendige Beeinträchtigung der Sehstärke ist im KSIH (Rz 8065) beschrieben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird eine HE leichten Grades im Sonderfall gewährt. Damit diese HE gewährt wird, muss eine Person nicht unbedingt Hilfe im Haushalt benötigen, es genügt, wenn sie Begleitung in ein unbekanntes Gebiet oder Hilfe bei der Erledigung von schriftlichen Angelegenheiten benötigt. Diese wird nur bei Personen, welche zuhause wohnen gewährt. Bei einer Anmeldung muss Folgendes berücksichtigt werden:

  • Das Anmeldeformular muss nur die persönlichen Angaben der betroffenen Person sowie deren Unterschrift enthalten. Es wird kein Punkt angekreuzt, da dieser Sonderfall nicht im Formular aufgeführt ist. Jedoch sollte auf das beiliegende augenärztliche Zeugnis verwiesen und die Prüfung des Sonderfalls beantragt werden. Die Abklärung des Sonderfalls Blindheit und hochgradige Sehbehinderung wird jeweils durch die IV-Stelle Bern dem regionalärztlichen Dienst in Auftrag gegeben.
  • Das augenärztliche Zeugnis von Beratung B (s. Formulare: Augenärztliche Angaben für HE-Antrag Sonderfall) muss vom Augenarzt ausgefüllt und aktuell sein sowie als Beilage mit dem Antrag auf HE eingereicht werden.

Bei Fragen und Unklarheiten im Zusammenhang mit der Sehbehinderung oder Blindheit, für die Anmeldung für eine HE leichten Grades im Sonderfall, für eine Beratung bzgl. Hilfsmittel oder Dienstleistungen (z.B. für soziale Kontakte) für Sehbehinderte und Blinde ist Beratungsstelle Beraten B vom Blinden- und Behindertenzentrum zuständig (s. Links: Beraten B) Für Beratung und Begleitung inkl. HE-Anmeldung im Sonderfall Sehbehinderung/Blindheit für sehbehinderte und blinde Personen sowie deren Angehörige gibt es in Thun die Sozialberatung des Schweizerischen Blindenbunds (s. Links: Schweizerischer Blindenbund).

3. Leistungen

Die Hilflosigkeit wird in drei Schweregrade eingeteilt. Entsprechend gibt es drei Stufen von Hilflosenentschädigung, auf die nun im Folgenden eingegangen wird. Die Höhe der Pauschalbeträge sind auf der Homepage der Ausgleichskasse des Kantons Bern (AKB) aufgeführt (s. Merkblätter: Altersrenten und Hilflosenentschädigungen der AHV). Sie entsprechen dem halben Ansatz der HE zur IV (KSIH, Rz 8120).

Eine HE leichten Grades gibt es, wenn einer der folgenden Punkte erfüllt ist:

  • hilflos in min. zwei alltäglichen Lebensverrichtungen
  • dauernde persönliche Überwachung
  • lebenspraktische Begleitung (nur im Besitzstand und nicht im Heim)
  • Pflege gesellschaftlicher Kontakte/Fortbewegung (s. Kap. 2.9)
  • besonders aufwendige Pflege (über 2 Stunden)

Die leichte HE erlischt im Heim (s. Kap. 6).

Damit eine HE mittleren Grades gewährt wird, muss ein Punkt der folgenden Auflistung erfüllt sein:

  • hilflos in min. vier alltäglichen Lebensverrichtungen
  • hilflos in zwei alltäglichen Lebensverrichtungen und Bedarf dauernder persönlicher Überwachung
  • hilflos in zwei alltäglichen Lebensverrichtungen und Bedarf an lebenspraktischer Begleitung (mit AHV-Rente nur im Besitzstand und nicht im Heim, s. Kap. 3.4)

Für eine HE schweren Grades müssen folgende Punkte erfüllt sein:

  • Hilflos in allen sechs alltäglichen Lebensverrichtungen UND
  • Bedarf an dauernder Pflege oder dauernder persönlicher Überwachung

Wenn die Hilflosigkeit im gleichen Ausmass weiterbesteht und die anspruchsberechtigte Person weiterhin zu Hause wohnt, gelten weiterhin die Ansätze der HE der IV Rente (im volljährigen Alter).

Eine Hilflosenentschädigung leichten Grades zur IV-Rente bleibt bei Umwandlung in eine HE der AHV-Rente bestehen, wenn sich eine Person bereits davor in einem Heim aufgehalten hat. Wenn eine Person mit einer leichten HE der IV jedoch erst nach der Pensionierung ins Heim eintritt, erlischt der Anspruch mit dem Heimeintritt, gleich wie bei leichter HE der AHV.

Bei Bezüger/innen einer mittleren oder schweren HE, welche sich bereits vor der Pensionierung in einem Heim aufgehalten haben, wird die HE der IV an die in der AHV geltenden Beträge angepasst.

Die Besitzstandgarantie kommt nach der Änderung des Aufenthaltsortes nicht mehr zur Anwendung. D.h. nach einem Aufenthaltsortswechsel kommen die Voraussetzungen und Ansätze der HE zur AHV zum Zug (KSIH, Rz 8123.1).

Die Lebenspraktische Begleitung (KSIH, Rz 8040-8055) findet in der HE der AHV keine Berücksichtigung (KSIH, Rz 8119), ausser im Besitzstand. Besitzstand wird nur zu Hause gewährt, nicht aber im Heim. Der Besitzstandsanspruch erlischt bei einer der oben aufgeführten Veränderungen.

4. Vorgehen

Sind alle Voraussetzungen erfüllt (s. Kap. 2), kann mittels Anmeldeformulars (s. Formulare: Anmeldung HE) und den dafür notwendigen Unterlagen (s. Checklisten: Checkliste HE-Anmeldung) die Anmeldung auf HE erfolgen. Auf die zu berücksichtigenden Punkte wurde in Kap. 2 eingegangen. Spezifische Punkte bei Sehbehinderung wurde in Kap. 2.9 erläutert.

Die Anmeldung wird bei der IV-Stelle des Kantons Bern (Scheibenstrasse 70, 3001 Bern) eingereicht. Das Formular für die Ärzte muss beim Einreichen noch nicht ausgefüllt sein, die IV-Stelle fordert Arztberichte direkt bei den Ärzten ein, wenn sie noch nicht beiliegen (s. Kap. 7). Diese ist für die Beurteilung der Situation, Verfügung der Leistungen sowie Revisionen zuständig. Die monatliche Auszahlung nach Verfügung erfolgt jeweils zusammen mit der AHV-Rente an die betroffene Person. HE-Zahlungen werden nicht an Betreuende überwiesen.

Eine Revision der HE aufgrund von Änderungen der Situation durch Verbesserung oder Verschlechterungen des Gesundheitszustandes (höhere oder verminderte Hilflosigkeit) kann mit dem Anmeldeformular, aber auch in Briefform bei der IV Stelle verlangt werden. Bei HE zur AHV gibt es aktuell i.d.R. keine periodischen Revisionen. Die HE-Beziehenden werden aufgefordert, jede wesentliche Änderung des Gesundheitszustands über einen längeren Zeitraum (min. 3 Monate) zu melden. Dies ist jedoch keine offizielle Regelung, die Praxis kann sich wieder ändern.

5. HE und andere Bereiche

Bei Menschen, die zu Hause leben, hat ein Anspruch auf Hilflosenentschädigung keinen Einfluss auf die EL-Berechnung. Die HE wird zusätzlich zur EL ausgerichtet. Bei Heimaufenthalt werden die mittlere und schwere HE in der EL-Berechnung als Einnahme angerechnet (WEL, Rz 3457.01). Lebt eine Person, welche HE bezieht in der eigenen Liegenschaft, kann ein höherer Freibetrag vom amtlichen Wert der Liegenschaft in Abzug gebracht werden (s. WEL, Rz 3442.04 und Stichwort: EL-Vermögen ab 2021).

Wenn ein/e nicht invalide Ehegatte/Ehegattin seinen/ihre Ehegatten/Ehegattin zuhause pflegt und betreut und somit ein Heimeintritt vermieden werden kann, kann die HE bei der/dem pflegenden nicht invaliden Ehegatten/Ehegattin (anstatt ein hypothetisches Einkommen) als Erwerbseinkommen angerechnet werden, sofern nicht andere Ausgaben für Betreuung und Pflege belegt werden können (s. Stichwort: EL-Einnahmen).

Die AKB empfiehlt, ein bei Heimeintritt entstehender Anspruch auf eine HE mittleren oder schweren Grades zur AHV auch bei gleichzeitigem Anspruch auf EL geltend zu machen (s. Quellen: HE bei Heimaufenthalt mit EL). Dies einerseits, weil bei einem allfälligen Wegfall der Ergänzungsleistungen, bspw. bei Einnahmeüberschuss infolge Erbschaft, der Anspruch auf HE bestehen bleibt. Andererseits sind ab 2021 die EL aus dem Nachlass zurückzuzahlen, HE hingegen nicht. Auf Anrechnung eines Einkommensverzichts bei nicht erfolgter Geltendmachung der HE, hat die AKB bisher verzichtet (s. Quellen: HE bei Heimaufenthalt mit EL).

HE sind nicht steuerbare Einkommen (s. Stichwort: Steuern).

Bei gleichzeitigem Bezug von HE und EL wird die maximale Prämienverbilligung zusammen mit den EL ausbezahlt. Bei Personen, welche keine EL beziehen, werden die IPV aufgrund der Steuerdaten berechnet (s. Stichwort: Individuelle Prämienverbilligungen). Das Amt für Sozialversicherungen erhält für ihre Berechnung von der Steuerverwaltung Angaben zu Reineinkommen sowie die Summe der steuerbefreiten Einkommen, woraus jedoch nicht ersichtlich ist, um welche steuerbefreiten Einkünfte es sich handelt. Da die Hilflosenentschädigung für die Berechnung des Anrechts auf Prämienverbilligung nicht relevant ist, kann per Antrag eine Korrektur der Zahlen als Grundlage für die Berechnung des Anspruchs verlangt werden. Der Antrag muss jährlich eingereicht werden. Das Antragsformular ist auf der Website des Amts für Sozialversicherungen des Kantons Bern hinterlegt (s. Links: Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung).

Personen, welche eine HE (egal welchen Schweregrades) sowie EL beziehen, können Installation, Miete und Wartung eines Notrufsystems nach Art. 16 Abs. 1 Lit. e sowie Abs. 2 Lit. a EV ELG als Krankheitskosten bei der EL abrechnen (s. Stichwort: EL-Krankheitskosten ab 2021).

Personen, welche eine HE beziehen oder in demselben Haushalt mit Personen leben, die eine HE beziehen, können ein Gesuch um Erlass der Motorfahrzeugsteuern beim Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern einreichen (s. Stichwort: Individualverkehr für Personen mit eingeschränkter Mobilität (PEM)). Voraussetzungen, Vorgehen und nötige Unterlagen inkl. Formular für Arztzeugnis s. Merkblätter: Steuerbefreiung bei Invalidität.

Während des Aufenthalts in einer Heilanstalt, i.d.R. Spitalaufenthalt, welcher zu Lasten eines Sozialversicherungsträgers geht, i.d.R. der Krankengrundversicherung, entfällt der Anspruch auf HE für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Heilanstalt (Rz 8110 KSIH und Art. 67 Abs. 2 ATSG). So entfällt die HE bei einem Spitalaufenthalt vom 12.08.-10.10.2022 nur für den Kalendermonat September 2022. Ein Spitalaufenthalt während eines vollen Kalendermonates muss der IV-Stelle des Kantons Bern oder der zuständigen Ausgleichskasse gemeldet werden.

Des Weiteren können nach Art. 69 ATSG andere Sozialversicherungsleistungen gekürzt werden, wenn sie dieselben Leistungen entschädigen und es so zu einer Überentschädigung kommt (s. Stichwort: Krankenkasse).

6. HE im Heim

Der Anspruch auf eine HE leichten Grades entfällt während des Aufenthaltes im Heim (KSIH, Rz 8118.2). Ein Heimaufenthalt muss ab einer Dauer von einem Kalendermonat der IV-Stelle gemeldet werden, damit die Auszahlung sistiert werden kann (s. Quellen: HE leicht im Heim). Die HE mittleren und schweren Grades wird bei Heimaufenthalt i.d.R. als Einkommen berücksichtigt (WEL, Rz 3457.01). Somit wurde bisher eine HE-Anmeldung bei EL-Bezug und Heimaufenthalt hinfällig (Nullsummenspiel). Nach der EL-Reform, welche ab 2021 in Kraft tritt, macht eine Anmeldung für HE auch bei EL-Bezug Sinn, weil dann die HE, im Gegensatz zur EL, nach dem Tod nicht mit der Erbmasse zurückzuerstatten ist.

Somit ist eine HE-Anmeldung bei Heimbewohner/innen mit mittlerer oder schwerer Hilflosigkeit sinnvoll. Wichtig ist dabei zu wissen, dass der Aufenthalt in einem Heim den Lauf der Wartezeit für den Bezug einer HE nicht hindert. Liegt bei einer/einem Heimbewohner/in eine leichte Hilflosigkeit vor, kann diese zur Erfüllung der Wartefrist bereits berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass bei einer Veränderung auf den mittleren oder schweren Grad die Wartefrist nicht erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, seit welchem die Voraussetzungen für die mittlere oder schwere Hilflosigkeit erfüllt sind (s. Kap: 2). Bei Heimaufenthalt wird die HE-Anmeldung i.d.R. durch das Heim ausgefüllt.

7. Schnittstelle Pro Senectute mit anderen Organisationen

Die IV-Stelle nimmt nach Eingang einer HE-Anmeldung weitere Abklärungen z.B. bei Spitex und Ärzten vor. Allenfalls klärt sie auch telefonisch oder bei einem Hausbesuch den Hilfsbedarf noch genauer mit der betroffenen Person oder den Angehörigen ab. Wenn die Pro Senectute genügend Angaben hat, um Situation gut einschätzen zu können, ist es hilfreich für die IV-Stelle, wenn vermerkt wird, dass das Formular durch die PS ausgefüllt worden ist. Bei Unsicherheiten, kann die IV-Stelle kontaktiert werden.

Beim Sonderfall Sehbehinderung kann die HE-Anmeldung an Beratung B triagiert werden. In jedem Fall muss aber das augenärztliche Zeugnis beigelegt werden (s. 2.9).

Menschen, welche Anspruch auf eine HE haben, können sich bei rechtlichen Fragen an die Rechtsberatungsstelle Inclusion Handicap wenden (s. Links).

Änderungen im Stichwort

Datum Inhalt Visum
18.06.2020
  • Neu: Kap. 5.7 HE bei Spitalaufenthalt
  • Ergänzung: Kap. 5.1 HE und EL
sni
04.01.2023
  • Ergänzung Kap. 2.8 Dauernde persönliche Überwachung: Pflegeplanung von Alzheimer als Hilfsmittel bei HE-Anmeldung
  • Korrektur Kap. 5.7 HE bei Spitalaufenthalt: Kürzung erst ab ganzem Kalendermonat
  • Ergänzung Kap. 5.1 HE und EL: Verweis auf EL-Einnahmen bei Anrechnung HE als Einnahme für Pflege von Ehegatten
sni
29.12.2023
  • Korrektur Kap. 2 Voraussetzungen: Wartefrist beträgt ab 1.1.2024 nur noch 6 Monate
sni