Wohnsitz und Wohnort - Regelung Zuständigkeiten
12.10.2020 / sni
Letzte Anpassung: 18.12.2023 / sni
- Korrektur: Kap. 3.3 Beratung von Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz (Ausland)
Zusammenfassung
In diesem Stichwort wird die rechtliche Definition des Begriffs Wohnsitz aufgeführt und die Relevanz der Wohnsitzbegründung in Bezug auf Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen erklärt. Des Weiteren wird die Zuständigkeitsregelung in der Pro Senectute Kanton Bern beschrieben.
1. Definition Wohnsitz
In der Schweiz gibt es verschiedene rechtlich definierte Wohnsitze. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist im Stichwort: Steuern beschrieben. In diesem Stichwort ist nur der zivilrechtliche Wohnsitz relevant. Er ist in den Art. 23 bis Art. 26 ZGB wie folgt definiert (Art. 23ff ZGB):
Der Wohnsitz wird an dem Ort begründet, an welchem sich eine Person mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält. Die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich alleine keinen Wohnsitz. Eine Person hat nur einen Wohnsitz, er bleibt bestehen, bis zur Begründung eines neuen Wohnsitzes. Ist kein früherer Wohnsitz nachweisbar oder wurde ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben, gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. Ausgenommen davon sind Personen unter umfassender Beistandschaft. Sie haben Wohnsitz am Sitz der Erwachsenenschutzbehörde.
2. Wohnsitzbegründung
In der Beratungsarbeit der Pro Senectute Kanton Bern ist die Frage nach dem Wohnsitz in Bezug auf die Sozialhilfe, die Ergänzungsleistungen und die Pflegerestkostenfinanzierung relevant.
Für die Bestimmung der Zuständigkeit bzgl. Sozialhilfeunterstützung einer Person sind der zivilrechtliche Wohnsitz und der Unterstützungswohnsitz ausschlaggebend. Die Zuständigkeit ist im Stichwort Wohnsitz der BKSE ausführlich beschreiben (s. Quellen: Wohnsitz), weshalb hier nicht näher darauf eingegangen wird.
Der Anspruch auf EL setzt einen zivilrechtlichen Wohnsitz sowie den tatsächlichen Aufenthalt in der Schweiz voraus (WEL Rz 23.10.01). Zuständig für die Berechnung und Auszahlung der Ergänzungsleistungen ist die Ausgleichskasse des Kantons, in welchem die Person ihren zivilrechtlichen Wohnsitz hat. In Ausnahmefällen kann es auch der Kanton sein, in welchem die Person sich aufhält (s. unten). Im Folgenden werden die Möglichkeit einer neuen Wohnsitzbegründung bei einem Umzug sowie die Zuständigkeit je nach Wohnform erläutert.
2.2.1 Wohnen zu Hause / Alterswohnung
Eine Person, welche zu Hause sprich in einer Mietwohnung, einem Miethaus oder in der eigenen Wohnung oder Liegenschaft lebt, hat grundsätzlich dort ihren zivilrechtlichen Wohnsitz, wo sich diese Immobilie befindet. Bei einem Umzug in eine neue Wohnung wird in der neuen Wohngemeinde ein neuer zivilrechtlicher Wohnsitz begründet (WEL Kap. 1.2.1.). Für die Berechnung und Auszahlung der EL ist die Ausgleichskasse des jeweiligen Wohnsitzkantons zuständig. Bei einem Umzug in einen anderen Kanton, gelten dann auch die EL-Grenzwerte des neu zuständigen Kantons. Dasselbe gilt i.d.R. für Alterswohnungen, da gewöhnliche Mietverträge abgeschlossen werden und kein spezieller Betreuungsbedarf besteht (s. auch Kap. 2.2.3).
2.2.2 Alters- und Pflegheim
Der Aufenthalt in einem Alters- und Pflegheim begründet keinen neuen Wohnsitz (Art. 23 Abs. 1 ZGB) und somit auch keine neue Zuständigkeit für die Berechnung und Auszahlung der EL (Rz. WEL Rz 1310.01). Der Kanton, in welchem die Person vor dem Eintritt in eine Alters- und Pflegheim ihren Wohnsitz hatte, bleibt weiterhin zuständig (WEL Rz 1310.02). Es gelten weiterhin dessen EL-Grenzbeträge. Ein ausserkantonaler Heimeintritt kann deshalb zu Problemen bei der Finanzierung des Heimaufenthalts führen (s. Stichwort: EL-Berechnung bei Heimaufenthalt ab 2021).
2.2.3 Wohnen mit Dienstleistung / Altersresidenz
Ob bei einem Umzug in ein Wohnen mit Dienstleistung oder beim Eintritt in eine Altersresidenz ein neuer zivilrechtlicher Wohnsitz begründet werden kann, hängt einerseits von der Vertragssituation, andererseits von der Betreuungsintensität ab (s. Quellen: Betreutes Wohnen statt verfrühter Heimeintritt). Bei betreutem Wohnen können folgende Vertragsverhältnisse zur Anwendung kommen: Mietvertrag, Kombination von Mietvertrag mit Betreuungs- oder Dienstleistungsvereinbarung sowie Pensionsvertrag mit einer stationären Einrichtung. Bei Abschluss eines Mietvertrags wird i.d.R. ein neuer Wohnsitz begründet, bei einem Pensionsvertrag nicht. Beim betreuten und begleiteten Wohnen sind zusätzlich die Betreuungsintensität und das Ausmass der Selbstbestimmung Kriterium für die Beurteilung, ob ein neuer Wohnsitz begründet werden kann (s. Quellen: Betreutes Wohnen statt verfrühter Heimeintritt und Wohnsitz).
2.2.4 Auslandschweizer/innen
Tritt eine Person direkt aus dem Ausland in ein Heim in der Schweiz ein, kann ein EL-Anspruch nur entstehen, wenn sie in der Schweiz Wohnsitz hat. In diesen Fällen ist der Aufenthaltskanton für die Festsetzung und Auszahlung der EL zuständig (WEL Rz 1310.04). Es wird im Aufenthaltskanton ziviler Wohnsitz begründet, weil vor dem Heimeintritt kein Wohnsitz bestand (Tel. Auskunft von Frau Hostettler, AKB am 25.06.2020).
Seit dem 01.01.2019 regelt der neu ergänzte Art. 25a Abs. 5 KVG die Finanzierung der Pflegerestkosten bei Aufenthalt in einem ausserkantonalen Heim. Diese Situation tritt ein, wenn zivilrechtlicher Wohnsitz und Aufenthaltsort (Heimort) sich in unterschiedlichen Kantonen befinden, weil bei Heimeintritt kein neuer zivilrechtlicher Wohnsitz begründet werden kann. Weitere Informationen zur Finanzierung s. Stichwort: Heime - Institutionen.
3. Zuständigkeitsregelung Sozialberatung Pro Senectute Kanton Bern
Innerhalb des Kantons Bern zwischen den Beratungsstandorten gilt grundsätzlich die Zuständigkeit nach Wohnort der Hauptperson (s. Wegleitung Nutzung CASEnet Kanton Bern). Diese Regelung gilt sowohl für Beratungen als auch für finanzielle Unterstützung.
Ab Frühling 2021 wurde im Sinne der Klientenfreundlichkeit die Zuständigkeit aufgeweicht. Klientinnen und Klienten sowie deren Angehörige können, soweit sinnvoll (Ausnahmen z.B. Thema Wohnformen oder Hilfen in der Region der Hauptperson), den Beratungsstandort wählen. Bei Beratung an einem anderen Standort, als nach Wohnortsprinzip vorgesehen, bedarf es weiterhin der bilateralen Absprache durch die Sozialarbeitenden zwischen den Beratungsstandorten sowie entsprechende Notizen im Klientendossier (Situationsbeschreibung allg. Bemerkungen), damit Doppelspurigkeiten vermieden werden können.
In der Abgrenzung zu anderen Kantonen gilt für die Beratung und finanzielle Unterstützung das Wohnsitzprinzip. Auch hier können Ausnahmen gemacht werden, z.B. wenn es sich bei der Beratung um das Thema Wohnen (Umzug in den Kanton Bern) handelt.
Für Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz ist die Pro Senectute ab 01.01.2024 zuständig, sofern sie eine Altersrente der AHV oder der Beruflichen Vorsorge bezieht und eine Rückkehr in die Schweiz erwägt (s. Merkblätter: Ziel- und Indikatorenkatalog). Die Zuständigkeit der PSO richtet nach dem Wunsch der ratsuchenden Person und findet idealerweise in dem Kanton statt, in welchem die Person zu wohnen plant (s. Merkblätter: Vollzugshilfe). Individuelle Sozialberatungen bei konkreter Absicht zur Rückkehr in die Schweiz werden im Klientenprogramm GERAS erfasst. Allgemeine Informationen zu einer allfälligen Rückkehr in die Schweiz werden im Dienstleistungserfassungstool Info und Triage erfasst (s. Merkblätter: Vollzugshilfe).
Quellen und Links
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Änderungen im Stichwort
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09.06.2021
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18.12.2023 |
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