Privathaftpflichtversicherung

 

29.01.2024 / sni

Zusammenfassung

Dieses Stichwort erläutert die gesetzlichen Grundlagen, erklärt, weshalb die Privathaftpflichtversicherung sinnvoll ist, was sie versichert, wann ein Versicherungsschutz geltend gemacht wird oder wegfällt sowie wie sie mit Ergänzungsleistungen und Gesuchen zusammenspielt.

1. Grundlageinformationen

In diesem Kapitel werden die gesetzlichen Grundlagen aufgeführt, Gründe für den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung erläutert, der fehlende Versicherungsschutz bei Prämienausständen erklärt sowie die Privathaftpflichtversicherung im Rahmen der Haushaltversicherung verortet.

Gesetzliche Grundlagen für die Privathaftpflichtversicherung sind das Vertragsversicherungsgesetz (VVG), das Obligationenrecht (Art. 41–61 OR) und die jeweiligen Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) der Versicherungsgesellschaft. In der Schweiz besteht kein Obligatorium für eine Privathaftpflichtversicherung. Sie gehört jedoch zu den wichtigsten Versicherungen von Privatpersonen (s. Quellen: Privathaftpflichtversicherung, esurance). In gewissen Situationen ist eine Privathaftpflichtversicherung jedoch Pflicht oder wird verlangt bspw. für Hundehalter/innen, für Halter/innen von Motorfahrzeugen oder für Mieter/innen von Wohnungen (s. Quellen: Privathaftpflichtversicherung, ch.ch).

Im täglichen Leben können Drittpersonen durch Handlungen oder Missgeschicke zu Schaden kommen. Tritt ein Schaden ein, kann die geschädigte Person Schadenersatzansprüche geltend machen. Gemäss Art. 41 OR ist Schadenersatz geschuldet, wenn jemand einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt. Dies kann aus Absicht erfolgen, man wusste um einen möglichen Schaden und riskierte ihn. Oder der Schaden entstand aus Fahrlässigkeit - man hätte es wissen sollen, es war aber keine Absicht (s. Quellen: Verschuldungshaftung). Bei Schadenersatzansprüchen kann es sich um hohe Geldsummen handeln, die bei einer Privatperson ohne Privathaftpflichtversicherung zu grossem finanziellem Verlust oder zu Verschuldung führen kann. Privathaftpflichtversicherungen können für Einzelpersonen oder für Haushalte (für alle Haushaltsmitglieder) abgeschlossen werden. Von Haustieren verursachte Schäden sind i.d.R. eingeschlossen. I.d.R. deckt eine Privathaftpflichtversicherung folgende Schäden (s. Quellen: Privathaftpflichtversicherung):

  • Personen- und Sachschäden
  • Schadenverhütungskosten (z.B. bei einem Feuerwehreinsatz)
  • Vermögensschäden, die aus Personen- und Sachschäden resultieren (z.B. Verfahrenskosten)
  • Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche (z.B., wenn der/die Versicherte nicht für einen Schaden verantwortlich ist)

Folgende Schäden werden nicht von der Privathaftpflichtversicherung gedeckt (s. Quellen: Privathaftpflichtversicherung, ch.ch):

  • Schäden, die der/die Versicherte sich selbst oder einer im gleichen Haushalt lebenden Person zufügt
  • Schäden, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit entstehen
  • Sachschäden aufgrund von Abnützung
  • Vorhersehbare Schäden (z.B. auch bewusste Veränderungen am Mietobjekt)
  • Schäden im Zusammenhang mit der absichtlichen Begehung eines Delikts oder mit einem Verbrechen

In der Schweiz empfehlen Versicherungen eine Deckung von Fr. 5 bis 20 Millionen. Die Franchise beträgt bis max. Fr. 5'000.-, i.d.R. Fr. 200.- bis Fr. 400.-. Die Prämie für Einzelpersonen und Mehrpersonenhaushalte im Mietverhältnis betragen rund Fr. 150.- im Jahr. Auf den Internetseiten der Versicherungen steht oft ein Prämienrechner zur Verfügung (s. Links: Prämienrechner).

Per wann der Versicherungsschutz beginnt, ist nicht explizit im VVG erläutert. Die Änderung einer Versicherung wird i.d.R. zum Zeitpunkt der Veränderung der Situation, wie z.B. per Heimeintritt, gültig. Wenn eine neue Versicherung abgeschlossen wird, wird i.d.R. ein Antrag an die Versicherung gestellt, darin ist der Versicherungsbeginn festgehalten. Bei der Haushaltsgründung (Auszug aus dem Elternhaus und Einzug in eine eigene Wohnung oder WG) wird der Versicherungsschutz ab dem Zeitpunkt, in welchem der neue Miet- oder Wohnvertrag Gültigkeit hat, festgelegt. Seit der Revision des VVG per 1.1.2022 kann ein solcher Antrag innerhalb der Frist von i.d.R. 14 Tagen widerrufen werden (Art. 2a VVG).

Wird die Versicherungsprämie nicht rechtzeitig bezahlt, geht unter Umständen der Versicherungsschutz verloren (s. Quellen: Bin ich nicht versichert, obwohl ich die Prämie bezahlt habe?). Aufgrund der gravierenden Folgen eines Prämienausstandes bei der Privathaftpflichtversicherung (Wegfall des Versicherungsschutzes), ist die Versicherung von Gesetzes wegen verpflichtet, zu mahnen und auf die Folgen aufmerksam zu machen sowie eine weitere Frist von zwei Monaten zu gewähren. Wenn nach Ablauf dieser Mahnfrist die Prämie inkl. Mahnspesen und allfälligen Betreibungskosten nicht bezahlt sind, entfällt der Versicherungsschutz. Sobald Prämie, Mahnspesen und Betreibungskosten nach Ablauf der Frist bezahlt sind, kann der Versicherungsschutz wiederaufleben, wenn die Versicherung die Zahlung akzeptiert. Der Versicherungsschutz durch die Versicherung lebt jedoch erst ab dem Zeitpunkt wieder auf, an welchem alles bezahlt ist. Die Versicherungslücke (die sogenannte Leistungssperre) ab dem Zeitpunkt, an dem die Mahnfrist abgelaufen ist, bis zum Zeitpunkt der Bezahlung der oben aufgeführten Beträge bleibt jedoch bestehen (Art. 21 Abs. 2 VVG und s. Quellen: Prämie nicht bezahlt – was sind die Folgen?). Eine Versicherung kann nach Verstreichen dieser zweimonatigen Mahnfrist ohne Zahlungseingang vom Versicherungsvertrag zurücktreten, einerseits indem sie Zahlungen nach Ablauf der Mahnfrist ablehnt oder sofort nach Ablauf der Mahnfrist vom Vertrag zurücktritt. In diesem Fall muss der/die Versicherte sich eine neue Versicherung suchen (s. Quellen: Bin ich nicht versichert, obwohl ich die Prämie bezahlt habe?), was in solchen Fällen nicht immer einfach ist, da Versicherungen keine Aufnahmepflicht haben. In solchen Fällen kann eine Vermittlung durch Pro Senectute hilfreich sein.

Im Zusammenhang mit der Privathaftpflichtversicherung werden oft auch Haushalts- und Hausratversicherung erwähnt, weshalb hier die Definition resp. die Beschreibung der Unterschiede zwischen Haushalts- und Hausratversicherung aufgeführt werden:

Der Unterschied zwischen Hausrats- und Haushaltsversicherung ist der Deckungsumfang. Die Hausratversicherung schützt die beweglichen Gegenstände zu Hause vor den finanziellen Folgen von Beschädigungen. Zudem können die Gegenstände weltweit gegen einfachen Diebstahl auswärts sowie gegen Verlust und Beschädigung von Reisegepäck versichern. Die Hausratversicherung ist ein Teil der Haushaltversicherung, die noch mehr versichert. Sie kombiniert bis zu sieben verschiedenen Deckungen rund ums Wohnen. Das heisst es können verschiedene Deckungen ausgewählt werden, wie Hausrat, Privathaftpflicht, Wertsachen, Cyber (Kriminalität) oder Haus­tiere. Dazu kommen mögliche Zusatzdeckungen wie Hausrat-Kasko, einfacher Diebstahl auswärts oder Erdbeben (s. Quellen: Hausrat- vs. Haushaltversicherung). Die Privathaftpflichtversicherung kann unabhängig von anderen Hausrat- oder Haushaltversicherungen abgeschlossen werden, wie dies z.B. im Heim oft der Fall ist (s. Kap. 2).

Wie die Privathaftpflichtversicherung, die ja Teil der Haushaltsversicherung ist, ist auch die Haushaltsversicherung in der Schweiz nicht Pflicht, je nach Situation sind aber gewisse Versicherungen, die in der Haushaltsversicherung subsummiert werden, wichtig und nötig. Die Hausratversicherung, welche Teil der Haushaltversicherung ist, ist in gewissen Kantonen (Freiburg, Jura, Nidwalden und Waadt) obligatorisch (s. Quellen: Hausrat- vs. Haushaltversicherung).

2. Privathaftpflicht- und Hausratversicherung im Heim

Manche Altersheime haben ihre Bewohner kollektiv für Privathaftpflicht und Hausrat versichert. In diesem Fall werden die fälligen Prämien mit den Heimkosten verrechnet. Es kann sich aber durchaus lohnen, die alte Versicherung beizubehalten. Dann muss man dem Heim mitteilen, dass man an der Kollektivlösung nicht interessiert ist (s. Quellen: Diese Versicherungen müssen mit ins Altersheim). Eine Privathaftpflichtversicherung wird auch im Heim empfohlen. Ob eine Hausratversicherung im Heim Sinn macht und was alles versichert sein soll, wie z.B. Diebstahl – im Heim oder auswärts, muss individuell geklärt werden (s. Quellen: Diese Versicherungen müssen mit ins Altersheim).

3. Haftbarkeit und Urteils(un)fähigkeit

Die Haftung eines/einer Schädigers/Schädigerin ist an vier Voraussetzungen geknüpft, die kumulativ erfüllt sein müssen. Er/sie wird haftpflichtig, wenn der/die Geschädigte beweisen kann, dass (s. Quellen: Verschuldungshaftung):

  • ein Schaden vorliegt,
  • ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der schädigenden Handlung besteht,
  • widerrechtliches Verhalten und
  • Verschulden des Schädigers/der Schädigerin gegeben ist.

Das Verschulden setzt sich aus einer objektiven Seite, dem Vorsatz oder der Fahrlässigkeit, sowie aus einer subjektiven Seite, der Urteilsfähigkeit, zusammen (s. Quellen: Verschulden). Fehlt die Urteilsfähigkeit, ist das Tatbestandselement des Verschuldens nach Art. 41 OR nicht gegeben, weshalb Urteilsunfähige i.d.R. nicht haften und somit auch ihre Haftpflichtversicherung nicht. Wer dann die Kosten für den Schaden übernimmt, muss im Einzelfall geklärt werden. Es gibt jedoch Einzelfälle, in denen Urteilsunfähige aus Billigkeit, sprich Einzelfallgerechtigkeit, haften (s. Quellen: Haftung urteilsunfähiger Personen). Solch besondere Umstände sind:

  • besonders gute finanzielle Lage des Schädigers/der Schädigerin oder
  • besonders schwere Abweichungen vom Normalverhalten.

Bei lediglich vorübergehender Urteilsunfähigkeit (wie epileptischer Anfall, unbekannte Nebenwirkungen von Medikamenten) wird ein Verschulden vermutet, der Beweis des Gegenteils ist möglich.

Weitere Informationen zu Urteilsunfähigkeit s. Stichwort: Erwachsenenschutz.

4. Subsidiarität bei EL und IF-Gesuchen

Leistungen aus Versicherungen sind Leistungen aus EL und IF vorgelagert.

Die Prämie der Haftpflichtversicherung muss aus der Pauschale für den Lebensbedarf oder für den Bedarf für persönliche Auslagen im Heim finanziert werden. Leistungen aus der Haftpflichtversicherung nach VVG sind Leistungen der EL vorgelagert, sie müssen somit subsidiär abgeklärt und geltend gemacht werden, bevor Leistungen resp. Rückerstattungen der EL beantragt werden können (s. Merkblätter: Ergänzungsleistungen zur AHV und IV).

Das Gesuchswesen unterliegt dem Subsidiaritätsprinzip. Es müssen alle Ansprüche aus Sozialversicherungen oder privaten Versicherungen abgeklärt und geltend gemacht werden, bevor ein Gesuch gestellt werden kann (s. Stichwort: Gesuchswesen). Gesuche können nur gestellt werden, wenn entweder kein Anspruch auf eine Leistung aus der Privathaftpflichtversicherung besteht oder dieser die Kosten nicht deckt.

5. Vorgehen im Schadenfall

Im Schadenfall ist die Versicherung zu informieren, dies kann mittels (Online-)Formular oder Telefon geschehen. Folgende Informationen sind für die Versicherung relevant:

  • Wer oder was ist zu Schaden gekommen? Personen, Tiere, fremdes Eigentum?
  • Was ist passiert? Wie ist der Schaden entstanden (Schadenhergang)?
  • Schadenfotos
  • Kontaktdaten der geschädigten Person/en (Namen, Adresse, Telefonnummer, E-Mailadresse)

Die Versicherung prüft den Schadenfall. Sie klärt, ob finanzielle Forderungen von Geschädigten gerechtfertigt sind und wehrt diese allenfalls für den/die Versicherte/n ab. Sämtliche Verhandlungen oder Auftragserteilungen übernimmt die Versicherung.

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