Vorsorgeauftrag
06.08.2021 / jba
Letzte Anpassung: 15.08.2025 / sni
- Ergänzung: Kap. 6 Rechte und Pflichten der vorsorgebeauftragten Person
Zusammenfassung
Ein Vorsorgeauftrag kann, im Vergleich zum Testament als letzter Wille, als zweitletzte Willensäusserung bezeichnet werden. Das Erwachsenenschutzrecht ermöglicht, dass Verwandte, Bekannte (natürliche Personen) oder Institutionen (juristische Personen) bestimmt werden können, die für urteilsunfähige Familienangehörige handeln und entscheiden dürfen. Insbesondere ältere Menschen befürchten, in den letzten Jahren ihres Lebens urteilsunfähig zu werden und nicht mehr selber bestimmen zu können. Das vorliegende Stichwort befasst sich ausführlich mit dem Vorsorgeauftrag und geht auf dessen Sinn und Zweck ein.
1. Übersicht
Der Vorsorgeauftrag ist in Art. 360-369 ZGB geregelt. Er umfasst die drei Themenbereiche Personensorge, Vermögenssorge und Rechtsverkehr (s. Kap. 2). Die Vertretungsperson hat die Interessen des Auftraggebers/der Auftraggeberin zu wahren. Mit dem Instrument des Vorsorgeauftrages kann bestimmt werden, wer sich um die eigenen Angelegenheiten kümmern soll, wenn eine Urteilsunfähigkeit in bestimmten Bereichen eintritt (s. Stichwort: Erwachsenenschutz) und die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, ihre Interessen selber zu vertreten.
Die rechtliche Grundlage für die vorsorgebeauftragte Person bildet der einfache Auftrag welcher in Art. 394 ff. OR geregelt ist.
Vier Phasen eines Vorsorgeauftrags (s. Links: 4 Phasen eines Vorsorgeauftrags)
1. Errichtung (s. Kap. 3): Um einen Vorsorgeauftrag zu schreiben, muss man handlungsfähig sein und darf nicht unter umfassender Beistandschaft stehen.
2. Validierung (s. Kap. 5): Tritt eine Urteilsunfähigkeit ein, so erfolgt die Meldung an die KESB, welche eine Validierung durchführt und das Einhalten der Formvorschriften des Vorsorgeauftrages prüft. Die Behörde händigt der Vertretungsperson eine Urkunde aus, damit diese berechtigt ist, im Interesse der urteilsunfähigen Person zu handeln. Der Vorsorgeauftrag ist somit rechtsgültig.
3. Umsetzung (s. Kap. 5): Die handlungsberechtige Vertretungsperson kann im Interesse der verbeiständeten Person jene Aufgaben ausführen, die in der Ernennungsurkunde erwähnt sind.
4. Beendigung (s. Kap. 7): Die Aufgaben der vorsorgebeauftragten Person werden durch Tod der auftraggebenden Person beendet oder durch Wiedererlangen deren Urteilsfähigkeit. Eine weitere Möglichkeit den Auftrag zu beenden besteht darin, diesen zu kündigen (s. Kap. 5).
Wurde ein Vorsorgeauftrag geschrieben, wird dieser wirksam, wenn z.B. wegen einer schweren Krankheit oder eines Unfalls jemand nicht mehr in der Lage ist, selber sein Einkommen und Vermögen zu verwalten, rechtlich verbindliche Entscheide zu treffen oder seine Pflege und Betreuung zu organisieren. Im Vorsorgeauftrag wird also die Person des Vertrauens (es können auch mehrere sein, s. Kap. 4), die die Vertretung übernehmen soll, für diese Angelegenheiten bestimmt. Es ist auch möglich, eine juristische Person zu bezeichnen (z.B. ein/e Notar/in). Es ist empfehlenswert immer eine Ersatzperson zu nennen, falls die erste Wahl den Auftrag nicht annehmen kann/will. Zudem wird klar empfohlen, vor dem Errichten des Vorsorgeauftrages die Angelegenheit mit den gewünschten Personen zu besprechen und auch eine Spesenregelung schriftlich festzuhalten. Wird keine Spesenregelung im Vorsorgeauftrag getroffen, bestimmt die KESB bei der Validierung in Anlehnung an die Spesenregelung während einer Beistandschaft darüber (s. Stichwort: Erwachsenenschutz). Der Vorsorgeauftrag kann sehr grob oder auch sehr ausführlich geschrieben werden.
Weitere Informationen dazu, was geschieht, wenn bei Eintritt einer Urteilsunfähigkeit kein Vorsorgeauftrag vorliegt s. Links: Vorsorgeauftrag und s. Stichwort: Erwachsenenschutz.
2. Themenbereiche der Vertretung
Im Vorsorgeauftrag kann eine Person für alle drei Themenbereiche als Vertretung eingesetzt oder es können verschiedene Personen für die unterschiedlichen Bereiche beauftragt werden. Ob eine oder verschiedene Vertretungspersonen eingesetzt werden sollen, hängt von der persönlichen und finanziellen Situation der jeweiligen Person ab. Handelt es sich z.B. um eine umfassende Vermögensverwaltung (z.B. mit Liegenschaften oder einem erweiterten Vermögensportfolio) oder verfügt die einzusetzende Person über persönliche/berufliche Erfahrungen im Finanz-/Vermögensbereich, dann kann es sinnvoll sein, unterschiedliche Personen für die verschiedenen Themenbereiche einzusetzen. Weitere Ausführungen über die Personenwahl sind im Kap. 4 zu finden. Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit, die Personen- oder Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten (Art. 360 ZGB).
Bei der Personensorge geht es um Entscheidungen über persönliche, medizinische und pflegerische Angelegenheiten sowie Hilfe im Alltag:
- Klärung von privaten Angelegenheiten
- Entgegennahme und Bearbeiten des Postverkehrs
- Anstellung, Beaufsichtigung und Entlassung von Haushaltshilfen oder Pflegepersonal
- Veranlassung ärztlicher Massnahmen und Erteilung der dafür notwendigen Zustimmungen, allenfalls Umsetzung der Patientenverfügung (s. Stichwort: Patientenverfügung)
- Entscheid über die Unterbringung des Auftraggebers/der Auftraggeberin in einem Spital oder Pflegeeinrichtung und Organisation der damit zusammenhängenden Aufgaben
- Wahrnehmung der Rechte des Auftraggebers/der Auftraggeberin gegenüber Ärzte-Personal, Pflegepersonal etc.
- Annahme und Ausschlagung von Erbschaften
- Anträge an Behörden, Versicherungen usw. sowie Erledigung von Verträgen mit Unternehmen oder Dienstleistern, soweit diese nicht mit der Vermögenssorge zusammenhängen
Hat die auftraggebende Person auch eine Patientenverfügung (s. Stichwort: Patientenverfügung) erstellt, ist dringend empfohlen, bei der Personensorge dieselbe Vertretungsperson einzusetzen wie in der Patientenverfügung. So können mögliche Interessenskonflikte umgangen werden, da die Themenbereiche in der Patientenverfügung und im Vorsorgeauftrag überschneidend sind. Es empfiehlt sich, eine bestehende Patientenverfügung im Vorsorgeauftrag zu erwähnen.
Absolut höchstpersönliche Rechte, wie z.B. die Errichtung eines Testamentes, können nicht an eine Vertretungsperson delegiert werden.
Im Zentrum der Vermögenssorge steht die sachgerechte Verwaltung des Einkommens und Vermögens der urteilsunfähigen Person. Die Vermögenssorge und die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr (s. Kap. 2.3) umfasst unter anderem folgende Themengebiete:
- Abwicklung des Zahlungsverkehrs und Einforderung allfälliger finanzieller Ansprüche (z.B. Anmeldung Ergänzungsleistung EL oder andere [Sozial-]Versicherungen)
- Einreichen der Steuererklärung
- Barbezüge für Einkäufe
- Verwaltung des gesamten Vermögens
- Ausfüllen, Unterzeichnen und Einreichen der Steuererklärung sowie damit zusammenhängende Aufgaben
- Verfügung über das gesamte Vermögen wie Bankkonten, Schliessfächer und Wertschriftenvermögen etc. sowie Bewirtschaftung von Krediten
- Erwerb, Belastung, Veräusserung und Bewirtschaftung von Immobilien
Konkrete Anweisungen zur Verwendung des Vermögens niederzuschreiben ist sinnvoll und wird empfohlen (sofern ein grösseres Vermögen besteht). Eine zusätzliche Regelung der Bankvollmachten ist aus gesetzlicher Sicht nicht notwendig, sofern der Auftrag für die Vermögensverwaltung korrekt (s. Kap. 3) erteilt wurde. Der Alltag zeigt jedoch, dass Banken ihre eigenen Vorschriften und Formulare haben und darauf bestehen. Es lohnt sich deshalb, dies mit der Bank vorgängig zu klären.
Im Bereich des Rechtsverkehrs können einzelne rechtliche Vertretungen definiert oder aber allgemeine Vertretungskompetenzen gegenüber Behörden und Gerichten erteilt werden. Es können aber auch Vertretungen gegenüber Banken, Geschäftspartnern oder Familienmitgliedern sein oder
- Abschluss von Verträgen
- Verträge von Wohn- und Pflegeeinrichtungen
- Abschluss von Verträgen mit Versicherungen
- Anträge bei (Sozial-) Versicherungen (Überschneidung mit Vermögensverwaltung)
- Vertretung des Auftraggebers/der Auftraggeberin vor Behörden, Gerichten, privaten Institutionen etc., bei Bedarf unter Beizug darauf spezialisierter Personen
Für konkrete Rechtshandlungen und spezielle Geschäfte (z.B. Hausverkauf) kann es nötig sein, kompetente Drittpersonen zur Aufgabenerledigung hinzuzuziehen (z.B. eine Rechtsanwältin/ein Rechtsanwalt oder ein/e Treuhänder/in). Die Befugnis Drittpersonen hinzuzuziehen, kann der Vertretungsperson (Substitutionsrecht) im Vorsorgeauftrag auch explizit gewährt werden. Grundsätzlich ist die Vertretungsbefugnis immer persönlich (Art. 398 Abs. 3 OR). Ausnahmen für eine Substitution sind gem. Art. 398 Abs. 2 OR möglich, sofern die nötigen Zustände bestehen (Abklärung via KESB empfohlen).
3. Errichtung eines Vorsorgeauftrag
Beispiele von formulierten Vorsorgeaufträgen s. Quellen (s. Formulare: Muster Vorsorgeaufträge).
Für die Erstellung des Vorsorgeauftrags gelten dieselben Vorgaben wie beim Verfassen eines Testaments. Der/die Verfasser/in muss zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorsorgeauftrages urteilsfähig sein und seinen/ihren freien Willen äussern können.
Die formalen Bedingungen für einen Vorsorgeauftrag sind: Entweder wird der Vorsorgeauftrag von Anfang bis Ende von Hand geschrieben und mit Datum und Unterschrift versehen oder er wird durch eine/n Notar/in verfasst. Ein/e Notar/in kann frei gewählt werden (s. Links: Verband bernische Notare). Nach dessen Erstellung kann der Vorsorgeauftrag auch jederzeit vom Ersteller/von der Erstellerin widerrufen werden. Die Urkundsperson wird den Vorsorgeauftrag öffentlich beurkunden. Öffentliche Beurkundung bedeutet nicht, dass der Vorsorgeauftrag öffentlich ausgeschrieben wird sondern, dass man von der/dem Notar/in umfassend beraten wird und dass der Vorsorgeauftrag juristisch korrekt formuliert ist. Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Unterschreibenden die rechtlichen Folgen von wichtigen Verträgen oder Bindungen kennen. Eine öffentliche Beurkundung ist allerdings mit Kosten verbunden. Am einfachsten erkundigt man sich direkt beim/bei der Notar/in über die Tarife.
Gemäss telefonischer Auskunft der KESB Aarberg vom 15.12.2021 (Frau Wikovski, KESB Aarberg und Martin Schumacher, SAR PSBE) lässt das Gesetzt einen grossen Spielraum bzgl. Detailgrad der Formulierungen in einem Vorsorgeauftrag zu. Es empfiehlt sich jedoch, einen Vorsorgeauftrag möglichst präzise zu formulieren. Der Wille des Vorsorgeauftragsgeber sollte spürbar und nachvollziehbar sein. Je ungenauer ein Vorsorgeauftrag ist, desto mehr kann dieser bei Streitigkeiten angefochten werden. Auch können sich Banken, z.B. bei der Vergabe von Krediten/Hypotheken oder Notare z.B. bei Hausverkäufen weigern, Aufträge auszuführen, wenn dies nicht klar im Vorsorgeauftrag formuliert ist. Deshalb wird vor allem bei Personen mit grösserem Vermögen und Liegenschaften, bei konfliktiven Verwandtschaftsverhältnissen oder bei Regelungen im Zusammenhang mit Erbschaften eine möglichst detaillierte Beschreibung empfohlen. Mindestens folgende Formulierungen sollte ein Vorsorgeauftrag enthalten:
- Für die Personensorge: Der/die Vorsorgebeauftragte ist bevollmächtigt die Personensorge zu regeln.
- Für die Vermögenssorge: Der/die Vorsorgebeauftragte ist bevollmächtigt das Vermögen und das Einkommen zu verwalten.
- Für den Rechtsverkehr: Der/die Vorsorgebeauftrage ist bevollmächtigt den Rechtsverkehr zu führen.
Ein Vorsorgeauftrag, von dem niemand etwas weiss, kann seinen Zweck nicht erfüllen. Angehörige, Freunde und Vorsorgebeauftragte sollten wissen, dass ein Vorsorgeauftrag geschrieben wurde sowie wo er aufbewahrt wird. Auf Verlangen der auftraggebenden Person ist auch eine Eintragung durch das Zivilstandsamt in die zentrale Datenbank möglich, was mit Kosten (kommunal unterschiedlich) verbunden ist (s. Formulare: Antrag auf Eintragung des Hinterlegungsortes eines Vorsorgeauftrags im Schweizer Personenstandsregister).
4. Wahl der beauftragten Person/en
Als beauftragte Person können im Vorsorgeauftrag sowohl natürliche als auch juristische Personen eingesetzt werden, wie z.B.:
- Ehepartner/in, Lebenspartner/in, Nachkommen, weitere Vertrauensperson
- Anwaltsgesellschaft, Bank, Treuhandfirma
- Markus Schneeberger
- Bürospitex
Es empfiehlt sich, eine primäre und sekundäre Vertretungsperson im Vorsorgeauftrag zu erwähnen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person aus dem persönlichen Umfeld die Vertretungsrechte übernehmen kann (sollte eine der beiden abwesend sein oder die Vertretung nicht wahrnehmen können/wollen).
Es können auch zwei Personen für einen Vertretungs-Bereich eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass sie sich bei der Entscheidungsfindung einig sein müssen und jeweils eine Doppelunterschrift notwendig ist, was ein Nachteil sein kann.
Ein Vorteil kann wiederum sein: ist eine der beiden Personen verhindert oder abwesend, kann die andere Person Entscheidungen fällen. Soll dies möglich sein, muss es im Vorsorgeauftrag explizit erwähnt werden, dass jede vorsorgebeauftragte Person einzeln entscheidungs- und damit zeichnungsberechtigt ist.
Achtung: Der/die Auftraggeber/in sollte sich bei der Wahl der auftraggebenden Person bewusst sein, dass es in der Ausführung der Vertretungsbereiche Überschneidungen gibt und diese nicht in sich geschlossen sind. Um Streitigkeiten zu umgehen, ist in den Beratungen deshalb zu empfehlen, wenn immer möglich im Vorsorgeauftrag lediglich eine Person für alle Vertretungsbereiche einzusetzen. Wenn die verschiedenen Themenbereiche auf unterschiedliche Vertretungspersonen aufgeteilt werden, kann dies zu Meinungsverschiedenheiten und zu unangenehmen Streitereien führen. Viele Vertretungsbereiche sind multidimensional und bedingen sonst die Zustimmung von mehreren Personen (z.B. ein Heimeintritt benötigt die Zustimmung im Bereich der Personensorge und der Vermögenssorge). Im Speziellen kann für bestimmte Geschäfte explizit eine andere Person eingesetzt werden (z.B. Verkauf oder Verwaltung einer Liegenschaft).
Wichtigster Punkt ist, dass die ausgewählte Person uneingeschränktes Vertrauen des Auftraggebers/der Auftraggeberin geniessen und urteilsfähig sein muss (s. Links: Leitfragen zur Bestimmung einer Vertretungsperson). Schliesslich geht es um die Erledigung von höchstpersönlichen Angelegenheiten wie das Öffnen der Post oder das Verhandeln mit Versicherungen, Banken oder Ämtern. Unter Umständen ist es empfehlenswert, zwei Personen mit den Angelegenheiten zu betrauen, dies vor allem, wenn es sich z.B. um eine umfangreichere Vermögensverwaltung mit Liegenschaften handelt. In solchen Fällen kann auch das Einsetzen einer juristischen Person (z.B. Treuhandbüro) sinnvoll sein, wobei gleichzeitig bei der Personensorge eine nahestehende Person aus dem persönlichen/familiären Umfeld eingesetzt werden kann.
Steht die vorsorgebeauftragte Person zum Zeitpunkt der Auftragsübernahme nicht mehr bereit (z.B. aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen), kann dies für die betroffene Person zu unangenehmen Situationen führen, denn es steht keine Vertrauensperson zur Verfügung. Um dem entgegenzuwirken, kann im Vorsorgeauftrag eine Ersatzperson bezeichnet werden, die dann übernehmen soll, wenn die eigentliche Vorsorgebeauftragte nicht kann/will. Zwingend ist es allerdings nicht, eine Ersatzperson zu bezeichnen. Der Vorsorgeauftrag ist auch mit nur einer beauftragten Person gültig. Kann/will diese das Amt aus diversen Gründen nicht annehmen, wird die KESB aktiv und setzt an ihrer Stelle eine/n geeignete/n Beistand/Beiständin ein.
Die Vorlage im Docupass ist so ausgelegt, dass eine Zweitperson eingesetzt werden kann:
Ehepaare bzw. eingetragene Partner/innen haben gemäss Art. 374 ZGB bei Urteilsunfähigkeit ein gegenseitiges Vertretungsrecht. Voraussetzung dafür ist, dass sie in einem gemeinsamen Haushalt leben oder sich regelmässig und persönlich Beistand leisten. Dieses Vertretungsrecht umfasst alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhalts üblicherweise erforderlich sind sowie die ordentliche Verwaltung von Einkommen und Vermögen (vgl. Art. 374 Abs. 2 ZGB) im Rahmen der sogenannten Alltagsgeschäfte. Für ausserordentliche Vermögensverwaltungshandlungen ist gemäss Art. 374 Abs. 3 ZGB die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde KESB erforderlich (z.B. für einen Hausverkauf oder die Veräusserung von Aktien), wenn diese nicht in einem Vorsorgeauftrag geregelt worden sind. Es ist somit bei Ehegatten kein Vorsorgeauftrag notwendig, sofern der/die Ehepartner/in noch urteilsfähig ist und keine ausserordentlichen Vermögen verwaltet werden müssen. Für die ausserordentliche Vermögensverwaltung wird je ein Vorsorgeauftrag für beide Ehepartner (mit gegenseitigem Vertretungsrecht) empfohlen. Sollten beide urteilsunfähig sein, können sie sich gegenseitig nicht mehr vertreten und es benötigt eine Drittperson. Wenn für ausserordentliche Geschäfte ein Vorsorgeauftrag besteht, kann der/die Ehepartner/in im Falle einer Urteilsunfähigkeit der/des Ehepartnerin/Ehepartners und nach Validierung des Vorsorgeauftrags (s. Kap. 5) diese Vermögenswerte ohne Involvierung der KESB verwalten und veräussern.
Besteht ein Vorsorgeauftrag und ist eine andere Person als der/die Ehepartner/in eingesetzt, so bekommt bei Einsetzen des Vorsorgeauftrags dieser seine Gültigkeit und der/die Ehepartner/in verliert die von Gesetzes wegen definierten Vertretungsrechte. Damit der/die Ehepartner/in die Vertretungsrechte nicht verliert, müsste somit im Vorsorgeauftrag der/die Ehepartner/in an erster Stelle als Vertretungsperson aufgeführt werden.
Gemäss Art. 374 ZGB haben Konkubinatspartner/innen kein gesetzliches Vertretungsrecht. Dieses Recht gilt ausschliesslich für Ehepartner/innen und eingetragene Partner/innen. So sind Konkubinatspartner/innen z.B. nicht befugt, Rechtshandlungen vorzunehmen (Wechsel der Krankenkasse usw.), das Einkommen ordentlich zu verwalten oder die Post zu öffnen und zu erledigen. Wenn für den Fall einer Urteilsunfähigkeit sichergestellt werden soll, dass der/die Konkubinatspartner/in diese Aufgaben wahrnehmen kann, ist die Erstellung eines Vorsorgeauftrags angezeigt.
5. Validierung und Umsetzung des Vorsorgeauftrags
Der Vorsorgeauftrag kann seine Wirkung erst entfalten, wenn die auftraggebende Person urteilsunfähig geworden ist. Zuständig für den Entscheid ist in jedem Fall die Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Dieser Behördengang kann nicht umgangen werden. Die Aufgabe der KESB ist es, die Gültigkeit des Vorsorgeauftrags zu prüfen, die Vertretungsperson einzusetzen und sie zur Handlung zu ermächtigen. Die KESB kann der beauftragten Person Weisungen erteilen – beispielsweise ein Inventar einzureichen oder der KESB regelmässig zu berichten – wenn dies zur Sicherung der Interessen der vertretenen Person notwendig erscheinen sollte. Nach Abschluss dieses Verfahrens erlässt die KESB eine Urkunde (s. Merkblätter und Informationsschreiben: Beispiel Urkunde KESB Vorsorgeauftrag), mit welcher der Vorsorgeauftrag für gültig erklärt und die beauftragte Person ermächtigt wird, im Namen der auftraggebenden Person zu handeln. Die Kosten des Validierungsverfahrens variieren je nach Einkommen und Vermögen und je nach Kanton.
Müssen grössere Geschäfte erledigt werden, die im Vorsorgeauftrag nicht geregelt sind (z.B. Liegenschaftsverkauf), muss sich die beauftragte Person mit diesem Anliegen an die KESB wenden.
Veranschaulichung Ablauf bei Eintritt einer Urteilsunfähigkeit (s. Quellen und Literaturhinweise: Ich bestimme, mein komplettes Vorsorgedossier):
Bei der Prüfung der Gültigkeit eines Vorsorgeauftrags betrachtet die KESB folgende Punkte:
- Wurde der Vorsorgeauftrag gültig errichtet (Urteilsfähigkeit bei Erstellung, Einhaltung Formvorschriften)?
- Sind die Voraussetzungen für die Wirksamkeit (Urteilsunfähigkeit) eingetreten?
- Ist/sind die beauftragte/n Person/en für ihre Aufgabe geeignet?
- Sind weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich?
Folgende Faktoren spielen u.a. bei der Eignungsabklärung einer Vertretungsperson durch die KESB eine Rolle:
- Persönliche und fachliche Kompetenz
- Örtliche Nähe
- Zeitliche und emotionale Ressourcen
- Kooperationsfähigkeit bei mehreren Beauftragten
Um dies zu überprüfen, kann die KESB die Auszüge von Betreibungs- und Strafregister einfordern.
Gemäss Art. 420 ZGB können Ehegatten, eingetragene Partner/innen, Eltern, Nachkommen, Geschwister oder faktische Lebenspartner/innen der betroffenen Person von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbunden werden. Die Praxis der KESB bezüglich der Umsetzung von Art. 420 ZGB ist uneinheitlich (nicht nur zwischen den Kantonen, sondern auch innerhalb eines Kantons). Gestützt auf good practice Beispiele von der KESB aus verschiedenen Landesteilen sowie unter Beachtung der gesetzlichen Grundlagen und aktuellen Gerichtsurteile hat die KOKES in Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessenverbänden (insieme, Pro Infirmis, procap, Alzheimervereinigung) Kriterien erarbeitet, die als schweizweite Standards gelten können und sollen (s. Merkblätter: Angehörige als Beistand, Kriterien zur Umsetzung von Art. 420 ZGB).
Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die KESB von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen (Art. 368 Abs. 1 ZGB). Bei klarer Interessenkollision entfällt das Vertretungsrecht des Beistands/der Beiständin von Gesetzes wegen. Die KESB ernennt diesfalls einen Ersatzbeistand oder entscheidet selber (Art. 403 Abs. 1 und 2 ZGB).
Für bestimmte Geschäfte (s. Merkblätter: Zustimmungsbedürftige Geschäfte) ist gemäss Art. 416 ZGB resp. der Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV, s. Rechtliche Grundlage: Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft) die Zustimmung der KESB einzuholen. Auf diese zustimmungspflichtigen Geschäfte ist von der KESB hinzuweisen und idealerweise gibt sie eine Liste mit den betreffenden Geschäften ab. Angesichts der für die betroffene Person in persönlicher und finanzieller Hinsicht grossen Tragweite der betreffenden Geschäfte ist auch für Angehörige nur in begründeten Ausnahmefällen eine Entbindung auszusprechen. Namentlich Verträge zwischen dem Beistand/der Beiständin und der verbeiständeten Person bedürfen, sofern sie nicht unentgeltlich sind, immer der Zustimmung der KESB (Art. 416 Abs. 3 ZGB).
Wenn die Vertretungshandlung gestützt auf das gesetzliche Vertretungsrecht von Angehörigen wahrgenommen wird (z.B. Abschluss eines Betreuungsvertrags für einen urteilsunfähigen Ehegatten) und diese Aufgabenbereiche von der Beistandschaft nicht erfasst sind, ist keine Zustimmung der KESB erforderlich (vorbehalten sind ausserordentliche Vermögensverwaltungshandlungen nach Art. 374 Abs. 3 ZGB). Wenn die hilfsbedürftige Person urteilsfähig ist, kann sie selber entscheiden, und es braucht weder die Zustimmung der KESB noch das Vertretungsrecht der Angehörigen.
Ist man verpflichtet, einen Vorsorgeauftrag anzunehmen?
Die im Vorsorgeauftrag beauftragte Person kann nicht gezwungen werden, den Auftrag anzunehmen. Nach Prüfung und Information über alle Rechte und Pflichten, die mit dem Auftrag in Zusammenhang stehen, steht es ihr frei, den Auftrag anzunehmen oder abzulehnen. In der Regel gibt die Behörde der beauftragten Person eine Bedenkfrist von 14 Tagen. Ein Vorsorgeauftrag sollte nur nach reiflicher Überlegung angenommen oder abgelehnt werden.
Was tun, wenn man den Auftrag nicht mehr ausführen möchte?
s. Kap. 6.
Erhält die vorsorgebeauftragte Person eine Entschädigung?
s. Kap. 8.
Wird man als vorsorgebeauftragte Person von der KESB kontrolliert?
Im Unterschied zu einer vorsorgebeauftragten Person wird eine Beiständin/ein Beistand regelmässig von der KESB kontrolliert. Eine vorsorgebeauftragte Person hingegen wird nicht mehr kontrolliert, sobald sie den Auftrag angenommen hat. Nimmt die beauftragte Person den Auftrag an, so weist die KESB sie auf ihre Pflichten nach den Bestimmungen des OR über den Auftrag hin und händigt ihr eine Urkunde aus, die ihre Befugnisse auflistet. Ab dann wird sie im Unterschied zu einem Beistand/einer Beiständin nicht mehr kontrolliert – es sei denn, man hat im Vorsorgeauftrag verfügt, dass die beauftragte Person rechenschaftspflichtig ist. Die beauftragte Person muss und darf nur ausführen, wozu sie beauftragt worden ist – trotzdem übernimmt sie eine gewisse Verantwortung: Wenn Geschäfte erledigt werden müssen, die im Vorsorgeauftrag nicht erfasst sind, muss sie an die KESB gelangen. Diese wird die Angelegenheit prüfen und unter Umständen eine Beistandschaft errichten, damit weitere Geschäfte getätigt werden können. Die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) kann aber der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungsablage und zur Berichterstattung verpflichten. Dies dürfte der Fall sein, wenn die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet sind, oder nicht oder unzureichend wahrgenommen werden. Genügen Weisungen an die beauftragte Person nicht, hat die Behörde zu prüfen, ob dem Beauftragten oder der Beauftragten der Auftrag ganz oder teilweise zu entziehen ist.
Inwiefern haftet die vorsorgebeauftragte Person?
Art. 456 ZGB besagt, dass die Haftung der vorsorgebeauftragten Person sowie diejenige des Ehegatten, des eingetragenen Partners/der eingetragenen Partnerin einer urteilsunfähigen Person oder des Vertreters/der Vertreterin bei medizinischen Massnahmen, soweit es sich nicht um den/die Beistand/in handelt, sich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über den Auftrag richtet (Art. 398 ff. OR).
Was, wenn mehrere Personen im Vorsorgeauftrag eingesetzt sind?
Falls es im Interesse der betroffenen Person ist, können für einen Auftrag auch mehrere Personen eingesetzt werden. Wenn mehrere Beauftragte für dieselben Aufgaben genannt werden, müssen diese jedoch jeden Entscheid gemeinsam und einstimmig fällen. Sie haften solidarisch und sind zu gemeinschaftlichem Handeln verpflichtet (Art. 403 Abs. 2 OR).
Darf man als vorsorgebeauftragte Person Drittpersonen mit Aufgaben beauftragen?
Es ist umstritten, ob Vorsorgebeauftragte ein Substitutionsrecht haben. Wenn im Vorsorgeauftrag das Substitutionsrecht geregelt ist («Die vorsorgebeauftragte Person hat das Recht zur Substitution, darf in meinem Namen und auf meine Rechnung Dritte mit spezifischem Fachwissen beauftragen»), können Dritte problemlos mit Aufgaben beauftragt werden. Wenn Aufgaben ohne diese Regelung anstehen, für die man Dritte beauftragen will, ist empfohlen, sich an die KESB zu wenden. Gehen Geschäfte an Drittpersonen weiter, haftet jedoch weiterhin die beauftragte Person für ihren Auftrag als wenn es ihre eigenen Geschäfte wären (Art. 399 OR).
Die Validierung eines gültig errichteten Vorsorgeauftrags kostet im Kanton Bern Fr. 250.-. Dieser Betrag finanziert die Verfahrenskosten. Wenn im Vorfeld der Validierung eines Vorsorgeauftrag ein Abklärungsverfahren durchgeführt worden ist, z.B. aufgrund einer Gefährdungsmeldung bei der KESB, betragen die Kosten Fr. 500.- (s. Quellen: Kosten Validerung Vorsorgeauftrag).
6. Rechte und Pflichten der vorsorgebeauftragten Person
Im Merkblatt Rechte und Pflichten von Vorsorgebeauftragten (s. Merkblätter) werden die Rechte und die Pflichten von vorsorgebeauftragten Personen aufgezählt und erläutert. Dieses Merkblatt ist gemäss Entscheidung der BL und TL Sozialberatung an der TL-Sitzung vom 9.2.2022 nur zum internen Gebrauch vorgesehen. Im Merkblatt der HSLU (s. Merkblätter: Pflichten der vorsorgebeauftragten Personen) werden nur die Pflichten aufgeführt. Dieses Merkblatt kann Entscheidung der BL und TL Sozialberatung an der TL-Sitzung vom 9.2.2022 an Klienten abgegeben werden.
Vorsorgebeauftragte Personen können Hilfspersonen beziehen, sie behalten dabei aber die Verantwortung und Haftung. Die vorsorgebeauftragte Person kann im Vorsorgeauftrag mit einer Substitutionsvollmacht befugt werden, Teile ihres Auftrags an eine andere Person oder eine Firma weiterzureichen und dieser Verantwortung und Haftung zu übergeben (s. Merkblätter: Informationsblatt Substitutionsbeauftragte vs. Hilfsperson).
7. Beendigung eines Vorsorgeauftrags
Ein Vorsorgeauftrag wird beendet durch
- Kündigung seitens der beauftragten Person
Die beauftragte Person kann ihr/sein Mandat unter Einhaltung einer 2-monatigen Kündigungsfrist künden, wobei nicht aufs Monatsende gekündigt werden muss. Auch eine Kündigung auf Mitte eines Monats ist möglich. Die Kündigung muss bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB eingereicht werden (Art. 367 Abs. 1 ZGB). Aus wichtigem Grund kann der Auftrag fristlos gekündigt werden (Art. 367 Abs. 2 ZGB). Wenn mehrere Personen zusammen einen Auftrag ausführen, kann resp. muss jede für sich allein kündigen. Sind durch eine Kündigung die Interessen der auftraggebenden Person nicht mehr gewährleistet (was oft der Fall sein dürfte), hat die KESB zu prüfen, ob eine Beistandschaft errichtet werden muss.
- Erlöschen
Ein Vorsorgeauftrag erlischt bei Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit (Art. 369 Abs. 2 ZGB) oder bei Tod der auftraggebenden Person.
8. Ohne Vorsorgeauftrag
Was geschieht, wenn kein Vorsorgeauftrag geschrieben wird und die Urteilsunfähigkeit eintritt? s. Stichwort: Erwachsenenschutz.
9. Entschädigung und Spesen
Im Vorsorgeauftrag sollte festgehalten werden, ob und in welchem Rahmen eine Entschädigung erfolgt: entgeltlich, unentgeltlich, gemäss behördlicher Regelung.
Um eine Entschädigung definieren zu können, kommt es immer aufs Vermögen und die Einnahmen der auftraggebenden Person an. Da diese zum Zeitpunkt des Erstellens oft nicht genau vorausgesehen werden können, empfiehlt es sich, keine konkreten Zahlen zu nennen, sondern mit Prozentzahlen zu rechnen und zu berichten oder einen finanziellen Rahmen vorzugeben. Als Unterstützung/Orientierung können die kantonalen Bestimmungen hilfreich sein (s. rechtliche Grundlagen: ESBV)
Eine Erhöhung der im Vorsorgeauftrag vorgesehenen Entschädigung ist auf Antrag der vorsorgebeauftragten Person möglich, wenn sie sich objektiv rechtfertigt und angenommen werden kann, dass dies auch dem mutmasslichen Willen des Vorsorgeauftraggebers/der Vorsorgeauftraggeberin entspricht. Eine Herabsetzung der vorgesehenen Entschädigung ist möglich, wenn eine Interessengefährdung der auftraggebenden Person vorliegt (Art. 368 ZGB). Wurde im Vorsorgeauftrag keine Anordnung über die Entschädigung getroffen, legt die KESB eine angemessene Entschädigung fest. Eine entgeltliche Entschädigung wird festgelegt, sofern dies unter Berücksichtigung des Umfangs der Aufgaben als gerechtfertigt erscheint oder wenn die Leistungen der beauftragten Person üblicherweise entgeltlich sind, ausser es geht aus dem Auftrag hervor, dass der Vorsorgeauftraggeber/die Vorsorgeauftraggeberin von Unentgeltlichkeit ausging (Art. 366 ZGB). Die Festlegung der Entschädigung erfolgt grundsätzlich nach der Verordnung über Entschädigung und Spesenersatz bei Beistandschaften (ESBV) (s. Links: Entschädigung und Spesen). Entschädigung und Spesen werden der auftraggebenden Person belastet und können von der beauftragten Person direkt bezogen werden. Im Gegensatz zur freiwilligen Entschädigung ist der Spesenersatz immer geschuldet (s. Links: Entschädigung und Spesen).
10. Vollmacht vs. Vorsorgeauftrag – Fragen und Antworten
Ergänzend zu den nachfolgenden Fragen sind im Extranet von Pro Senectute Schweiz weitere Informationen zum Thema Vollmacht und Vorsorgeauftrag zu finden (s. Links: Informationsblatt Vollmacht oder Vorsorgeauftrag und s. Formulare: Vollmacht).
Was regelt die Vollmacht?
Gemäss Art. 32 ff. OR kann sich jede Person stellvertreten lassen. Stellvertretung heisst, in fremdem Namen zu handeln. Mittels einer Vollmacht kann sichergestellt werden, dass eine Vertrauensperson die notwendigen Angelegenheiten besorgen und rechtsgültig handeln kann, wenn man infolge eines Unfalls, wegen schwerer Erkrankung oder Altersschwäche nicht mehr selber für sich sorgen kann oder auf die Hilfe Dritter angewiesen ist.
Ist eine Vollmacht bei Urteilsunfähigkeit gültig?
Eine Vollmacht gilt grundsätzlich und von Gesetztes wegen ab deren Erteilung und erlischt mit dem Verlust der Urteilsfähigkeit des Vollmachtgebers/der Vollmachtgeberin, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wurde oder aus der Natur des Geschäftes hervor geht (Art. 35 Abs. 1 OR und s. Rechtliche Grudlagen: Vorsorgeauftrag oder Vollmacht über Urteilsunfähigkeit oder Tod hinaus). Eine bloss vorübergehende Urteilsunfähigkeit führt allerdings noch nicht zum Erlöschen der Vollmacht. Im Alltag ist es oft schwierig einzuschätzen, ob eine Person für einen bestimmten Bereich noch handlungs- bzw. urteilsfähig ist und somit die Vollmacht noch ihre Gültigkeit hat. Es empfiehlt sich in Beratungen immer auf die gesetzlichen Bestimmungen einer Vollmacht hinzuweisen und dem Klienten/der Klientin freizustellen, ob er/sie an der Situation etwas ändern will (abklären, ob die Vollmacht auch nach Eintreten der Urteilsunfähigkeit noch ihre Gültigkeit hat) oder nicht.
Ist eine Vollmacht über den Tod hinaus gültig?
Grundsätzlich erlöschen Vollmachten mit dem Tode des Vollmachtgebers/der Vollmachtgeberin (Art. 35 OR). Legt der Vollmachtgeber/die Vollmachtgeberin jedoch fest, dass die Vollmacht über den Tod hinaus bestehen bleibt, bleibt die Vollmacht rechtlich gültig (s. Rechtliche Grudlagen: Vorsorgeauftrag oder Vollmacht über Urteilsunfähigkeit oder Tod hinaus). Wenn Banken jedoch vom Tod des Kontoinhabers/der Kontoinhaberin erfahren und davon ausgehen müssen, dass die Handlungen einer bevollmächtigten Person gegen die Interessen eines oder mehrerer Erben verstossen, werden sie, bevor sie einen Auftrag ausführen, eine Erbbescheinigung verlangen.
Quellen und Links
- Schweizerisches Obligationenrecht, OR
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch, ZGB
- Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz für die Führung einer Beistandschaft (ESBV)
- Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV)
- Bestattungsverordnung (BestV)
- Verordnung über Notariatsgebühren GebVN, Kanton Bern
keine
Ich bestimme, mein komplettes Vorsorgedossier, Beobachter Edition, 2. Auflage 2017
- Angehörige als Beistand, Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz KOKES
- Bürospitex
- Erbrechner, Beobachter Guider
- Erwachsenenschutz, Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
- Entschädigung und Spesen (Leitfaden PriMa für Freiwillige), Direktion für Inneres und Justiz Kanton Bern (DIJ)
- Ihr Vorsorgeauftrag, Pro Senectute Schweiz
- Informationsblatt Vollmacht oder Vorsorgeauftrag, Extranet Pro Senectute Schweiz
- Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz KOKES
- Leitfragen zur Bestimmung einer Vertretungsperson, Extranet PS CH
- Vorsorgeauftrag, Direktion für Inneres und Justiz Kanton Bern (DIJ)
- Verband bernische Notare VbN
- Was müssen vorsorgebeauftragte Personen beachten, Beobachter Guider
- 4 Phasen eines Vorsorgeauftrags, Extranet Pro Senectute
Siehe auch
Änderungen im Stichwort
Datum | Inhalt | Visum |
07.03.2021 |
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20.06.2022 |
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10.01.2023 |
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14.03.2024 |
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15.08.2025 |
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