Individuelle Prämienverbilligungen (IPV)

 

27.01.2020 / sn

Zusammenfassung

In diesem Stichwort werden die Voraussetzungen für IPV aufgeführt, die Berechnung (Grundlagen und Perioden) erläutert sowie der Ablauf (Prüfung des Anspruchs, Zusammenspiel mit anderen Leistungen, Vorgehen bei veränderten Situationen) erklärt.

1. Allgemeines

Die IPV ist ein Beitrag an die Krankenversicherungsprämie nach KVG und wird durch Bund und Kanton finanziert. Die Beiträge sind für Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen bestimmt.

2. Voraussetzungen

Mindestvoraussetzungen für ein Anrecht auf IPV (Art 14 EG KUMV) sind folgende:

  • Die Person unterliegt dem Obligatorium der Krankenpflegeversicherung (KVG), sprich sie hat Wohnsitz in der Schweiz (Ausnahmen s. Art. 3, Abs. 2ff KVG).
  • Die Person erfüllt die Voraussetzungen des Gesetztes betreffend die Einführung der Bundesgesetzte über die Kranken-, die Unfall und die Militärversicherung (Art. 14 bis Art. 19 EG KUMV): Vorgaben für Definition von bescheidenen finanziellen Verhältnissen, von Ausnahmen bei quellenbesteuerten Personen sowie Definition der zu beurteilenden Einheit (Familie) für Kantone bei deren genauen Definition des Anspruchs auf Prämienverbilligungen.
  • Die Person lebt in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen nach Definition des Kantons Bern (s. Kap. 3).

3. Berechnung

Als Berechnungsgrundlage werden das Reineinkommen sowie das Vermögen gemäss Steuerdaten verwendet. Bestimmte Positionen der Steuerdaten werden addiert, andere in Abzug gebracht sowie die familiären Verhältnisse berücksichtigt. Diese Berechnungen führen zum für die Berechnung des Anspruchs auf IPV massgebenden Einkommens. Dieses entspricht nicht dem steuerbaren Einkommen. Eine grobe Berechnung kann per Onlinerechner (s. Links) vorgenommen werden. Eine detailliertere Berechnung ist mittels Berechnungsschema möglich (s. Merkblätter: Prämienverbilligung). Die Höhe der monatlichen IPV wird nach massgebendem Einkommen, Alter der betroffenen Personen und Prämienregion bestimmt (s. Merkblätter: Prämienverbilligung – Berechnungsschema). Der Wohnsitz am 1. Januar des Kalenderjahres bestimmt die Prämienregion für das ganze Jahr. Bis 2019 generierten die Eltern einen Anspruch auf eine Prämienverbilligung nach Schema (gemäss oben aufgeführten Kriterien), deren Kinder inkl. junge Erwachsene erhielten 25% der Prämie verbilligt. Seit 2020 erhalten die Eltern keine Prämienverbilligung, dafür werden die Prämien der Kinder und jungen Erwachsenen um 50% verbilligt (s. Merkblätter: Prämienverbilligung – Wichtigste Informationen/Hinweise per 1. Januar 2020).

Infolge einer Änderung der kantonalen Krankenversicherungsverordnung (KKVV) per 1.1.2020 wird die Berechnungsperiode folgendermassen angepasst (s. Merkblätter: Prämienverbilligungen – Informationsblatt Prämienverbilligung ab 1.1.2020).

4. Ablauf

Das Anrecht auf IPV wird i.d.R. automatisch durch das Amt für Sozialversicherungen (ASV) des Kantons Bern geprüft. Grundlage dafür sind die definitiven Steuerdaten, welche die Steuerverwaltung auf der Grundlage der Verordnung des EDI über den Datenaustausch für die Prämienverbilligung (VDPV-EDI) automatisch an das ASV übermittelt. Auch Korrekturen der Steuerdaten werden automatisch an das ASV übermittelt. D.h. ein Antrag auf Prämienverbilligung oder auf die Prüfung des Anspruchs auf Prämienverbilligungen muss i.d.R. nicht gestellt werden. Haben sich im Verlauf des laufenden Kalenderjahres die familiären Verhältnisse (z.B. Heirate, Scheidung, Tod einer Person) oder die finanziellen Verhältnisse erheblich und dauerhaft (Berufsaufgabe oder -aufnahme, Erwerbseinbusse von min. 30%) verändert, kann die Überprüfung des Anrechts auf Prämienverbilligung während des Jahres beantrag werden.

Folgende Personengruppen sind von der automatischen Prüfung ausgenommen (s. Merkblätter: Verfahren bei Anrecht auf Prämienverbilligung). Sie müssen die Überprüfung des Anrechts auf IPV während dem laufenden Kalenderjahr beantragen (s. Formulare: Antrag auf Prämienverbilligungen). Es werden nur die für die Sozialberatung der Pro Senectute Kanton Bern relevanten Kriterien aufgeführt, weitere Kriterien s. Merkblätter: Verfahren bei Anrecht auf Prämienverbilligungen).

  • Personen mit Aufenthaltsbewilligung B, F, G, L oder N, welche an der Quelle besteuert werden.
  • Personen, die kein Einkommen deklariert (Ziff. 2.21 – 2.25) oder die Steuererklärung nicht eingereicht haben.
  • Personen, die ein Bruttovermögen von über Fr. 750'000.- deklariert haben.
  • Personen, bei Zuzug am 1.1. aus einem anderen Kanton oder während des Jahres aus dem Ausland.
  • Personen, die nur zivilrechtlichen, nicht aber steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton Bern haben.

Falls ein Anspruch auf Prämienverbilligungen besteht oder wenn es Änderungen bzgl. Anspruch gibt, wird schriftlich vom ASV darüber informiert. Die Briefe werden hauptsächlich in den Monaten Februar, Mai, August und November geschickt, weshalb in diesen Monaten auch die Telefonleistung stark belastet ist und die Bearbeitung von Anfragen verzögert.

Die Prämienverbilligung ist nicht auf der Police, sondern nur jeweils auf der Prämienrechnung der Krankenkasse ausgewiesen und in Abzug gebracht (s. Merkblätter. Prämienverbilligungen: Wichtigste Informationen/Hinweise per 1.1.2020).

Bei Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) wird der Anspruch auf IPV durch die Ausgleichskasse des Kantons Bern (AKB) berechnet und direkt an die Krankenkasse überwiesen. Diese zieht den Betrag i.d.R. von der monatlichen Prämienrechnung der Grundversicherung ab. Ist dies nicht möglich, erstellen die Krankenkassen eine Gutschrift (s. Merkblätter: Prämienverbilligungen – Informationsblatt Prämienverbilligung ab 1. Januar 2020).

Bei Anspruch auf Hilflosenentschädigung mit/ohne Ergänzungsleistungen s. Stichwort: Hilflosenentschädigung oder s. Links: Anrecht auf IPV bei HE-Bezug). Mit einem Formular kann die Prüfung des Anspruchs auf IPV mit HE beantragt werden (s. Formulare: Formular zur Korrektur der Hilfosenentschädigung).

Bei Sozialhilfebezug besteht ein Anspruch auf maximale ordentliche Prämienverbilligung. Die Beiträge werden direkt dem Sozialdienst, und nicht an die Krankenkasse, ausbezahlt (s. Merkblätter: Prämienverbilligungen – Informationsblatt Prämienverbilligung ab 1. Januar 2020).

Hat sich die familiäre Situation verändert (Heirat, Trennung etc.) oder wurden in der schriftlichen Mitteilung des ASV nicht alle Familienmitglieder aufgeführt, soll das ASV darüber informiert werden. Bei Wegzug in einen anderen Kanton im Verlauf des Kalenderjahres, bleibt der Kanton Bern bis Ende des Jahres zuständig für das Anrecht auf Prämienverbilligungen. Bei Zuzug aus einem anderen Kanton, wird der Kanton Bern entsprechend erst ab dem Folgejahr zuständig. Bei Wegzug ins Ausland erlischt der Anspruch und die Vergütung wird eingestellt. Bei Zuzug aus dem Ausland während des Kalenderjahres in den Kanton Bern, kann die Überprüfung des Anrechts auf Prämienverbilligung beantragt werden (s. Merkblätter: Prämienverbilligungen – Informationsblatt Prämienverbilligungen ab 1.1.2020).

Informationen zum Krankenkassenwechsel erhält das ASV i.d.R. automatisch von den Krankenkassen. Die Mutationen können in Einzelfällen einige Wochen dauern. Informationen über den Krankenkassenwechsel durch Anspruchsberechtigte ist nicht erwünscht und beschleunigt den Prozess nicht (s. Merkblätter: Prämienverbilligung).

Es ist möglich, auf die Prämienverbilligungen zu verzichten. Ein Verzicht kann jederzeit telefonisch oder schriftlich dem ASV mitgeteilt werden.

In folgenden Situationen wird die Prämienverbilligung automatisch eingestellt oder reduziert (s. Merkblätter: Prämienverbilligung):

  • Es ist aufgrund der provisorischen Steuerdaten angezeigt.
  • Am 1. Februar liegen die Steuerdaten des Vorvorjahres nicht vor.
  • Trotz Aufforderung wurde der Abschluss einer obligatorischen Krankenversicherung nicht nachgewiesen.

Über Veränderungen wird schriftlich informiert.

5. Rückerstattung von IPV

Zu viel ausgerichtete Prämienverbilligungsbeiträge müssen rückerstattet werden. Allfällige durch Ihre Krankenkasse zu Unrecht gewährte Prämienverbilligungsbeiträge werden rückwirkend in Rechnung gestellt (s. Merkblätter: Prämienverbilligung – Information zur Prämienverbilligung). Das kann geschehen bei Fehler in der Steuererklärung, zu später Abmeldung durch einen Sozialdienst oder Nichtmelden von familiären Veränderungen. Die Krankenversicherer nehmen ausschliesslich Korrekturen aufgrund einer Meldung durch das ASV vor (s. Quellen: Rückerstattung IPV).

Liegt jedoch eine wirtschaftliche Härte vor, kann ganz oder teilweise auf die Rückerstattung von ungerechtfertigt bezogenen Prämienverbilligungen verzichtet werden (Art. 18a KKV). Eine wirtschaftliche Härte liegt vor, wenn die betroffene Person zum Zeitpunkt des Erlassgesuchs Prämienverbilligungen erhält, Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen zur AHV oder IV bezieht (s. Quellen: Rückerstattung IPV), einen Anspruch auf IPV hätte, wenn sie einen Antrag gestellt hätte oder einen Anspruch hat und darauf verzichtet. Hat die betroffene Person keinen Anspruch auf IPV, ist auf den Teil der Rückforderung zu verzichten, der dazu führen würde, dass die Person anspruchsberechtigt würde (Art. 18a KKV). Ein Antrag auf Erlass ist ohne offizielles Formular beim ASV zu stellen (s. Quellen: Rückerstattung IPV).

Ab 1. Januar 2022 soll der Erlassprozess formalisiert werden, sodass Erlassgesuche für Rückerstattungsforderungen innert 60 Tagen nach Fakturierung bei den Krankenversicherern gestellt werden können (s. Quellen: Rückerstattung IPV).